Stadt Kempen "Cool!" Kempens Kirche aus Schüler-Sicht

Stadt Kempen · Die Thomasstadt aus Kinder-Perspektive: Eine Tönisvorster Schulklasse besuchte die Altstadt, erkundete die Propsteikirche - und war schwer beeindruckt.

 Gebannte Mienen: Im Chorumgang der Propsteikirche erzählt Hans Kaiser den Schülern die Sage des "Schneiders von Kempen".

Gebannte Mienen: Im Chorumgang der Propsteikirche erzählt Hans Kaiser den Schülern die Sage des "Schneiders von Kempen".

Foto: wolfgang kaiser

"Das ist cool", sagt Natalie. Und Denis ergänzt: "Voll interessant!" Dann fügt er nachdenklich hinzu: "Man bekommt eine andere Seite des Glaubens." Die zwölfjährigen Sekundarschüler aus Tönisvorst stehen in der Kempener Propsteikirche und betrachten die Statue der Thronenden Madonna. Gerade haben sie gehört, dass dieses Standbild Kempen früher zum wichtigsten Wallfahrtsort am Niederrhein gemacht hat, bevor Kevelaer ihm den Rang ablief. Mit ihrer Klasse 6 a sind sie in die Thomasstadt gekommen, um Mittelalter life zu erleben. Dr. Hans Kaiser, Stadthistoriker und Realschullehrer im Ruhestand, hat den Kindern illustrierte Info-Blätter, von ihm vor Jahren für seine Schüler entwickelt, in die Hand gedrückt. Nun erkunden sie die Kirche selbstständig - per Suchspiel.

Dies ist eine ganz eigene Art, jungen Leuten Historie nahe zu bringen, und Kempen ist dafür geeignet wie kaum eine andere Stadt in der Region. Denn sein historische Zentrum gleicht einem Freilichtmuseum, das aber quicklebendig ist, und jedes alte Gebäude hat seine Geschichte. Zu Beginn des Kempen-Besuchs haben die Kinder aus Tönisvorst vor dem östlichen Burgturm gestanden und sich erzählen lassen, wie dort eine arme Frau auf der Streckbank starb, weil man sie verdächtigte, eine Hexe zu sein und das Vieh des Nachbarn zu Tode gezaubert zu haben. In der Schulstraße haben sie erfahren, wie die Juden sich in der engen Gasse verbarrikadierten, wenn in der Stadt das gefürchtete Geschrei anhub, in dem sich Sozialneid und wirtschaftliche Probleme auf dem Rücken der kleinen Minderheit entluden. "Das alles sollte uns eine Lehre sein, es besser zu machen," sagt Kaiser.

Und nun die Propsteikirche. Hier wird die biblische Botschaft in Bildern und Statuen erzählt. Mahnungen zu Nächstenliebe, zu Frieden und einem Leben in Opferbereitschaft, Anstand und Gottesfurcht. Beeindruckt sind die Kinder vor allem vom Marienleuchter, 1508 fertig gestellt: Die Muttergottes, Schutzpatronin der Pfarrkirche, steht auf einer Mondsichel und zertritt den Satan, Symbol des Bösen. "Die Kirche hier ist sehr schön, und ich werde sie nicht vergessen!" sagt Marvin.

Ein Blick auf den Lageplan des Kircheninneren, und da ist er: Der Schneider von Kempen. An der Wand des Chorumgangs trägt seine Figur eine schwere Säule. Der Schneider, so erzählt die Kempener Sage, hatte kein Geld, wollte aber unbedingt zum Bau der schönen Kirche beitragen. Also schleppte er jeden Abend, wenn sein Tagewerk getan war, auf den Schultern Steine auf das Baugerüst. Dafür hat man ihm im 15. Jahrhundert dieses Denkmal gesetzt: Auch kleine Leute können Großes vollbringen.

Rasch noch zum Kuhtor, wo Kaiser ein Rollenspiel vorbereitet hat: Er markiert einen der Torwächter, die hier die Gebühren einzogen, mit denen Straßen und Wege repariert wurden. Da spielt Alina einen Bauern, der fünf Heller Weggeld dafür zahlen muss, dass er seine Kuh (Emily) auf dem Markt verkaufen darf. Damit geht der Vormittag in einer mittelalterlichen Stadt zu Ende. "Das war heute viel schöner als im Phantasia-Land!" meint Natalie. Und dabei bleibt es.

(hk-)
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