Kevelaer "Die Kirche und das liebe Geld"

Kevelaer · Kritische Fragen durften nach dem Vortrag von Dr. Gerhard Hartmann in Kevelaer über Kirchensteuer gestellt werden. An Abschaffung der Abgabe ist aber nach Aussage des Dozenten und Buchautors nicht zu denken.

Über Geld spricht man nicht. Doch. Sogar einen ganzen Abend lang. Mit österreichischem Zungenschlag klingt es dabei gleich noch mal so schön. Dr. Gerhard Hauptmann, Privatdozent an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz, referierte im Petrus-Canisius-Haus über die Spannung zwischen Religion und Reichtum. Gemeinsam mit Jürgen Holtkamp hat er das Buch "Die Kirche und das liebe Geld" verfasst. Sein Vortag dazu fand im Rahmen der Kevelaerer Glaubensgespräche statt.

Zunächst die Fakten. Mehr als 11 Milliarden Euro Kirchensteuer wurden 2015 in Deutschland eingenommen. Für alle Kirchen, also sowohl evangelische und katholische. "Einen Anteil vom Kirchensteuerkuchen", so nennt es Dozent Hartmann, gehe an die Pfarreien. St. Mariens langjähriger Rendant Gottfried Mülders spricht "grob überschlagen" von einem Viertel, die die Kirchensteuereinnahmen am Haushaltsvolumen St. Mariens ausmachen. Der Rest müsse aus Erträgen kommen, sprich: Mieteinnahmen von Gebäuden oder aus der Kollekte, dem guten alten Klingelbeutel. Eine Zuhörerin merkt an, dass sehr oft hintereinander für die Basilikasanierung Geld eingesammelt werde. "Darf ein Pfarrer das zum Beispiel zehn Sonntage hintereinander ausrufen?" Mülders kennt die Antwort. "Die Sonntage, die nicht vom Bistum zweckgebunden vorgegeben sind, ja." Und: "Ohne Unterstützung könnte die Gemeinde St. Marien nie leben", macht der ehemalige Rendant deutlich. Die Zuweisung der Kirchensteuer ist abhängig von der Seelenzahl der Gemeinde und der Gebäudegrundrissfläche. Auch das Wallfahrtszentrum spiele eine Rolle, erklärt Mülders.

Schnell kommt das Gespräch auf sinnige und unsinnige Ausgaben. In St. Marien Kevelaer sei die Sache klar. "Es ist alles kein Geheimnis, die Kirchenrechnung liegt nach der Erstellung 14 Tage öffentlich aus", sagt Mülders. Allerdings scheint es keinen wirklich zu interessieren. In 15 Jahren habe er es nur einmal erlebt, dass sich jemand das anschaute.

Wie ist es denn nun mit einer Alternative zur Kirchensteuer? Einfach abschaffen lässt sie sich nicht. Die Kirchensteuer ist nämlich in der Weimarer Reichsverfassung in Artikel 137 Absatz 6 festgeschrieben. Und der Artikel wiederum gilt auch weiterhin, weil das so im Artikel 140 des Grundgesetzes steht. Würde es denn überhaupt funktionieren, ohne diese Steuer? Hartmann verneint vehement. "Nur plötzlich, weil es fesch ist, umzuändern", sagt er in Wiener Worten, "das wird nicht funktionieren, weil es die Deutschen so gewöhnt sind mit der Kirchensteuer."

Das sei eine Mentalitätsfrage. In den USA sei man das gewöhnt, in Deutschland nicht.

(RP)
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