Fotos Ein Probetag im Seniorenheim
8 Uhr Um kurz vor acht klingelt es an der Tür von Hans Rütten an der Rathausstraße in Straelen. Pierre Dorissen steht draußen, der Fahrer des Seniorenheims "Regina Pacis" in Kevelaer. Er wird den 75-jährigen Rütten zum "Schnuppertag" in Sachen Tagespflege bringen. Rütten ist ein wenig aufgeregt, aber vor allem neugierig. "Vorerst ist das Thema für mich ja nicht akut. Aber es ist gut, vorbereitet zu sein, die Situation kann ja ganz plötzlich eine andere werden. Noch kann ich Auto fahren und habe mein Haus zugunsten einer ebenerdigen Wohnung verkauft. Aber wenn's doch mal nicht mehr geht, will ich die richtige Entscheidung treffen."
9 Uhr In Gemeinschaft schmeckt es besser. Hans Rütten ist angetan von dem abwechslungsreichen Frühstück, das ihm und den Bewohnern des Hauses angeboten wird. Kaffee oder Tee, frisches Brot und Brötchen, Aufschnitt, Joghurt, Obst – so aufwendig macht es sich zu Hause nicht jeder. "Ich habe gleich ein paar Bewohner angesprochen, denn Kontakt finden ist wichtig", weiß der Straelener, der ehrenamtlicher Bürgermeister war und heute in der Seniorenarbeit aktiv ist. In "seiner" Gruppe in "Regina Pacis" trifft er zwei alte "Kollegen": Jupp und Manfred (man duzt sich) haben wie er selbst früher bei Krupp gearbeitet.
10 Uhr Die Aussicht auf Reibekuchen, eines seiner Lieblingsgerichte, bringt Hans Rütten dazu, bei der Essensvorbereitung mitzuwirken. "Es hat richtig Spaß gemacht, am großen Tisch in der Wohnküche zu sitzen und Kartoffeln zu schälen", erzählt er. Zu Hause ist das mit Reibeplätzchen so eine Sache – das ganze Haus stinkt dann nach dem Fett. Hier bleibt der Geruch garantiert außerhalb der Privaträume. Betreuerin Margret Verheyen, die die Äpfel für das Kompott schnibbelt, findet Hans Rütten gleich sehr sympathisch. Ebenso wie Schwester Ludwiga, mit der sich der Hobby-Küster gleich bestens unterhält – auch über gemeinsame Bekannte.
11 Uhr Am Vormittag bietet das Seniorenheim Bewohnern und Tagespflege-Gästen verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten an. Einige halten sich mit Sitz-Gymnastik beweglich, andere stärken ihre Kopf-Fitness, indem sie Gedächtnistraining betreiben. Hans Rütten zieht das Singen vor. Jedem Teilnehmer an der Singstunde steht eine Kladde mit Noten und Texten zur Verfügung. Die altbekannten Volkslieder wie "Am Brunnen vor dem Tore" oder "Ännchen von Tharau" können viele sogar auswendig. Hans Rüttens Bass-Bariton ist genau die Stimme, die dem Senioren-Chor noch fehlte. Erst kurz vor dem Mittagessen ist Schluss.
12.15 - 14 Uhr Erwartungsgemäß schmecken Rütten die Kartoffelplätzchen bestens. Danach stehen bequeme Ruhesessel für ein Nickerchen zur Verfügung. Wer nicht müde ist, kann auch spazieren gehen oder sich wie Rütten auf die Terrasse setzen. Sollte sich der agile Senior irgendwann fest für die Tagespflege anmelden, wird er Mahlzeiten (Frühstück, Mittagessen, Nachmittagskaffee) selbst zahlen müssen, ansonsten wird ein Tagessatz berechnet, der sich an der Pflegestufe orientiert. Zur Finanzierung der Kosten kann auch die Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden. Träger von "Regina Pacis" ist der Klinikverbund KKiKK.
15 Uhr Der Schnupper-Aufenthalt geht mit Bingo zum Kaffee seinem Ende entgegen: Männer oder Frauen, die werktags in die Einrichtung kommen und damit auch ihre pflegenden Angehörigen entlasten, werden im "Regina Pacis" von 8 bis 16 Uhr betreut – und gefordert. Denn das ist dem Team um Leiter Uwe Rütten (nicht verwandt mit Hans Rütten) ganz wichtig: Wer sich ihnen anvertraut, wird ermuntert, so viel wie möglich selbst zu tun. Tagespflege bringt den Teilnehmern Gesellschaft und die Chance, nach Geschmack an Gruppen-Aktivitäten teilzunehmen oder auch mal ein Einzelgespräch zu führen. Die eigenen Bedürfnisse stehen im Vordergrund.