Kleve Als Zombie kleine Kinder erschrecken

Kleve · Unser Autor Christian Schwarz arbeitete einen Tag als "Erschrecker" im Geisterdschungel auf der Klever Kirmes. Er wurde zum Zombie, um Familien zu erschrecken. Doch anfangs fiel ihm seine neue Aufgabe gar nicht so leicht.

 Für seine Rolle als Zombie auf der Kirmes wurde RP-Autor Christian Schwarz eine Stunde lang geschminkt.

Für seine Rolle als Zombie auf der Kirmes wurde RP-Autor Christian Schwarz eine Stunde lang geschminkt.

Foto: G. Evers

Wie versteinert steht er vor mir, starrt mich an und bekommt keinen Laut heraus. Seine Augen sind weit aufgerissen, er hat Angst. Ich habe alles richtig gemacht. Der Junge kämpft sich gerade durch "Ghost", dem Geisterdschungel auf der Klever Kirmes. Er und sein Kumpel haben Geld dafür bezahlt, dass ich ihnen einen gehörigen Schrecken einjage. Es ist mir gelungen.

Einen Tag lang arbeite ich als sogenannter Scare-Actor, erschrecke Leute als fieser Zombie in der Geisterattraktion auf der Kirmes. Um den Jungs Angst zu machen, habe ich mich im Spiegellabyrinth direkt am Eingang versteckt. Als die beiden in meine Nähe kommen, springe ich aus der Dunkelheit mit voller Wucht gegen eine Plexiglasscheibe neben ihnen. Der laute Knall und mein Aussehen lassen die Jungs erstarren. Sie zwängen sich an mir vorbei die düstere Treppe rauf - nichtsahnend, dass oben bereits "Wupi" auf sie wartet. Auch er ist ein Zombie. Seine Kleidung ist blutverschmiert, in seinem Gesicht hat er drei klaffende Wunden. Auf dem Arm hält er ein niedliches Plüschäffchen, dessen Kopf er ständig krault.

"Wupi" wird von David aus Herne verkörpert. "Ich habe mich schon immer gerne aufwendig verkleidet und kann hier mein Hobby ausleben", sagt er. Hauptberuflich ist David Erzieher, erschreckt am Wochenende bei "Ghost" kleine Kinder und ihre Eltern: "Das passt schon zusammen, die meisten gehen am Ende ja mit einem Lächeln aus der Attraktion." Ich lasse mich nun auch von ihm zum Monster machen. Bis zu zwei Stunden dauere es, sich vollständig zu schminken. "Ich bin auf diesem Gebiet ein Perfektionist", sagt David. Aus Latexmilch, einer weißen Flüssigkeit, die in wenigen Minuten zu Gummi aushärtet, formt David zwei große Platzwunden auf meine Stirn und Schläfe. Mit Haferflocken modelliert er eine Kruste, später färbt er sie mit roter und schwarzer Farbe ein. Zum Schluss pinselt er noch Theaterblut auf meine falschen Hautrisse. Die Schminke sei komplett auf Lebensmittelbasis hergestellt, sagt David: "Ich schmiere mir quasi Essen ins Gesicht und bin gruselig." Mit einer Zahnbürste spritzt er mir noch mehr Kunstblut ins Gesicht, feine rote Sprenkel entstehen auf meiner Haut. Anschließend verschmiert er auch Farbe auf meinem T-Shirt, ich reibe mir zusätzlich noch die Arme ein. Innerhalb von sechzig Minuten bin ich zum Untoten mutiert. Es ist Zeit für meinen Auftritt. Jeder Besucher reagiere unterschiedlich, so David: "Manche geraten in Panik, andere erstarren oder lachen." Manchmal würde er auch beschimpft, weil die Leute nicht damit gerechnet hätten just in dem Moment von ihm erschreckt zu werden. "Wenn man einmal mit diesem Job anfängt, möchte man nicht mehr aufhören", verspricht David.

Der Aufbau der Klever Kirmes 2014
17 Bilder

Der Aufbau der Klever Kirmes 2014

17 Bilder

Mein erstes Opfer ist ein junger Vater mit seiner Tochter. David gibt mir die Anweisung, sie auf dem Außenbalkon in der oberen Etage des Geisterdschungels abzufangen. Ich soll mit lautem Gebrüll auf sie zuspringen, wenn sie nicht damit rechnen. Vater und Tochter kämpfen sich gerade durch Stahlgitter, müssen die Stäbe mühsam zur Seite schieben, um weiterzukommen.

David gibt mir ein Zeichen. Ich schieße aus dem Versteck, stoße einen Schrei aus, der wohl eher wie ein lahmes Fauchen klingt. Dabei furchtele ich unkontrolliert mit den Armen zwischen den Gitterstäben herum. Der Vater lächelt müde, seine Tochter nimmt mich kaum wahr. Das war wohl nichts. Ich verziehe mich zurück ins Dunkle. Unten passt "Wupi" sie kurz vor dem Ausgang ab. Er brüllt wie in einem Zombie-Film, springt wie ein Irrer gegen Gitter und Plexiglasscheiben - der gigantische Lärm jagt den beiden kurz vor Ende ihres Besuchs doch noch einen richtigen Schrecken ein. Die Tochter läuft dicht an ihren Vater gedrängt zum Ausgang. So geht das also. David macht gut, was ich vermasselt habe. Ich bin enttäuscht. "Am Anfang ist es schwer, sofort aus sich herauszukommen. Man kommt sich sogar ziemlich blöd vor", sagt David.

Neuer Versuch: ein junges Pärchen, wieder auf dem Balkon. Mein Schrei ist diesmal furchteinflößender - sie zucken zusammen. Ich werde besser, mit jedem Besucher. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut klappt", lobt mich David. Die nächsten Opfer nähern sich schon. Es ist heiß im "Ghost", ich schwitze. Meine Schminke zerläuft. Es sieht so aus, als würde ich wirklich bluten - das macht meinen Auftritt noch gruseliger. Ich verstecke mich, kann aus dem Augenwinkel erkennen, dass sich zwei Jungs nähern - die werde ich jetzt so richtig erschrecken. Sie sollen sich fast in die Hose machen! Mit vorsichtigem Schritt kommen sie auf mich zu, ohne mich zu sehen. Mein großer Moment ist gekommen. Ich bin bereit.

(csc)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort