Kleve Bürgermeisterin sorgt für Eklat

Kleve · Verwaltungschefin Sonja Northing hat für Entsetzen in der polnischen Gemeinde Kleves gesorgt. Eine Einladung zum Jubiläum "1050 Jahre Christentum in Polen" in Gnesen sagte sie ab. Ein Vertreter durfte ebenfalls nicht fahren.

Die Mitglieder der katholisch-polnischen Gemeinde Kleves sind sprachlos. Sie empfinden das Verhalten von Kleves Bürgermeisterin Sonja Northing als einen Affront gegenüber der seit Jahrzehnten bestehenden Freundschaft zwischen den polnischen und deutschen Bürgern der Stadt.

Grund dafür ist die Reaktion der Verwaltungschefin auf die Einladung zum Jubiläum "1050 Jahre Christentum in Polen", das gestern in Gnesen gefeiert wurde. Der Stadt, zu der Kleve über Jahre hinweg intensive Kontakte pflegt. Northing hatte mit einem Fax abgesagt, auf dem drei Sätze stehen. Ihre Teilnahme und die eines Vertreters zu den feierlichen Anlässen sei leider nicht möglich, heißt es in der Antwort, die von einer Sachbearbeiterin der Verwaltung unterschrieben ist.

Wladyslaw Pisarek, Vorsitzender der Katholischen polnischen Gemeinde Kleves, ist schockiert über die Absage. "Ich bin seit 35 Jahren in Kleve und setze mich für die Freundschaft zwischen den Bürgern der beiden Nationen ein. Frau Northing kann die Bedeutung dieser Einladung offenbar nicht richtig einschätzen", sagte Pisarek. Dem höchsten Geistlichen Polens, Erzbischof Wojciech Polak, sei es wichtig gewesen, dass ein Vertreter der Stadt Kleve an den Feierlichkeiten teilnimmt.

Die ehemaligen Klever Bürgermeister Josef Joeken und Theo Brauer pflegten die Freundschaft zu der Stadt Gnesen und ihren Bürgern intensiv und bemühten sich darum, sie zu vertiefen. Die beiden ehemaligen Verwaltungschefs besuchten die polnische Stadt regelmäßig und freuten sich über Gäste aus dem Nachbarland.

Dienstag ist Josef Joeken privat nach Gnesen gefahren. Ihm war es ein besonderes Anliegen, bei den Feierlichkeiten dabei zu sein. Auch Joeken kann die Entscheidung von Northing nicht nachvollziehen. "Ich bin schon sehr erstaunt darüber, wie die Stadt Kleve mit dieser Einladung umgeht", sagt Joeken. Er bewertet die Absage auch im Hinblick auf den Klever Ehrenbürger Pastor Fritz Leinung, der im Juli des vergangenen Jahres verstarb, als großen Fehler. "Er war maßgeblich an dem Aufbau dieser Freundschaft beteiligt. So geht man nicht mit dem Vermächtnis eines Mannes um, der für die Stadt so viel Gutes getan hat. Auch die Bürger, die sich für den Aufbau der Beziehungen eingesetzt haben, werden enttäuscht sein", betont Joeken.

Theo Brauer, für den Polen so etwas wie eine zweite Heimat geworden ist, dürfte die Entscheidung ebenfalls in die Kategorie "Unüberlegtheit" einsortieren. Wie sein Vorgänger erhielt auch Brauer die höchste Auszeichnung, die die Stadt Gnesen an Bürger mit einer anderen Nationalität verleihen kann.

Überraschend ist die Entscheidung von Northing auch im Hinblick auf die Stelle in der Absage, wo es heißt: "(...) die Teilnahme eines Vertreters (...) nicht möglich". Möglich wäre sie gewesen. Denn einen Vertreter hätte es gegeben. Zudem einen sehr guten. Joachim Schmidt, stellvertretender Bürgermeister, wäre gern nach Gnesen gereist. "Ich habe im Vorfeld erklärt, dass ich mir den Termin frei gehalten habe und als Vertreter der Stadt diesen wahrgenommen hätte", sagt er. Die Einladung, betont Schmidt, sei jedoch an die Bürgermeisterin gegangen. Sie entscheide, ob es sich hier um eine Angelegenheit der Stadt handelt und wenn ja, wer sie dort vertritt. "Frau Northing hat durch die Absage festgelegt, dass bei dem Ereignis die Stadt nicht vertreten sein muss", sagt Schmidt.

Die Reisekosten dürften für die Absage nicht ausschlaggebend gewesen sein. Denn die sind überschaubar. Für Flug ab Düsseldorf und zwei Tage Übernachtung wären 245,50 Euro angefallen. Der Betrag dürfte die Stadtkasse in keine extreme Schieflage bringen.

Die Entscheidung der Verwaltungsleiterin wird auch in der Klever Politik als keine besonders kluge angesehen. Die Kritik von Wolfgang Gebing, CDU-Fraktionschef im Klever Rat, an dem Verhalten der Bürgermeisterin, fällt noch moderat aus: "Ich hätte es begrüßt, wenn ein Repräsentant der Stadt Kleve an den Feierlichkeiten teilgenommen hätte." Der Christdemokrat hofft, dass trotz der Absage die guten Beziehungen zu der polnischen Gemeinde in Kleve keinen Schaden nehmen. "Es wäre fatal, wenn innerhalb kürzester Zeit das zunichte gemacht wird, was in Kleve über Jahrzehnte hinweg aufgebaut wurde", sagt Gebing.

Sonja Northing erklärte gestern, dass sie sich über die Einladung gefreut habe, diese aber aus terminlichen Gründen nicht annehmen konnte. Zu Beginn ihrer Amtszeit möchte sie zunächst den Fokus auf die Termine vor Ort und damit auf die Belange der Klever Bürgerschaft richten.

Wladyslaw Pisarek suchte im Vorfeld der Reise nach einer Alternative, um die Ehre der Stadt Kleve halbwegs zu retten. Er fragte bei der Stadtverwaltung an, ob es möglich sei, ein Grußwort zu schreiben. Er würde es bei dem Festakt überreichen. Die Antwort lautete: Ja, ein Grußwort gibt es, das könne in zwei Tagen im Rathaus abgeholt werden. Das Schreiben umfasst sieben Sätze und zwei sachliche Fehler. Der größte Fehler scheint jedoch die Absage zu sei.

(jan)
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