Kleve Konzert mit Wolferl und Stanzerl

Kleve · Fritzi Haberlandt begeisterte als Mozart-Gattin in der Klever Stadthalle.

"Welt, wie bist Du so ungerecht zu mir" titelte das 7. Reihenkonzerts in der Stadthalle Kleve. Mit diesem Weltschmerz begannen fiktive Texte aus dem Tagebuch der Constanze Mozart, Wolfgangs Frau (vorgelesen von Fritzi Haberlandt), die sich verwoben mit der Musik ihres Mannes (musiziert von Ulf Schneider, Violine und Stephan Imorde, Klavier). Ging es um den Komponisten oder seine Liebste? Ganz klar: Um beide.

Denn auch wenn Constanze in ihren Tagebucheinträgen zu Wort kam, getextet nah an realen Vorgaben und Fakten aus Briefen, lernte man die Familie Mozart bis zu (Schwieger-)Vater Leopold, Schwester/Schwägerin Nannerl und das Ehepaar "Wolferl und Stanzerl" so gut kennen, als sei man ihrem gemeinsamen Leben nebenher gelaufen. Einfach hatte sie es nicht, die Constanze, als drittgeborenes "Sandwichkind" der nicht so anerkannten "Weberischen", nicht zu hübsch, nicht zu extrovertiert, im Schatten der Geschwister - und dennoch liebt ihr Wolferl sie nach Anlaufschwierigkeiten von Herzen, verehrt ihr gutes Wesen und ihre Zugewandtheit. Ging es 1781 noch um vermeintliches "Narrieren und Spaßmachen", führen Spaziergänge und Treffen sowie Mozarts Erfolge mit seinen Augartenkonzerten sowie der "Entführung aus dem Serail" im August 1782 zur Eheschließung. Und nimmt Mozart bekanntermaßen kein Blatt vor den Mund, entspringen seinem genialen Geist durchaus kindsköpfige Reime, kann auch Constanze ihrer Seele in ihren Tagebuchtexten Luft machen, z.B. wenn sie ihre Mutter als "diese blöde Hutschachtel" und den ihr wenig zugeneigten Schwiegervater als "arroganten Stockfisch" bezeichnet. Nannerl ist ihr gegenüber kalt und herb, was die Liebe des Ehepaars Mozarts nicht schmälert.

Sechs Kinder gebiert Constanze, vier tragen beide kummervoll zu Grabe. 13 Mal ziehen sie um; zunächst für bessere Wohnverhältnisse, später wegen finanzieller Sorgen in schlechtere. 1791 beschreibt Constanze, wie Wolfgangs Krankheit und der geheimnisvolle Auftrag der Totenmesse ihr Kummer bereiten. Mozart stirbt am 05. Dezember; am 01. Januar 1792 blickt die Witwe wenig hoffnungsfroh in die Zukunft: Neues Jahr, wenig Sinn.

Die Werke unterstrichen die Atmosphäre der Texte: heiter freudig z.B. wie im Allegretto-Allegro aus der Sonate KV 306 zu "Die letzten Tage waren turbulent", berückend mit Schleier der Trauer zu den Verlusten die Sechs Variationen über "Hélas, j'ai perdu mon amant". Die Fuge a-Moll KV 402 mag sich gar Constanze von ihrem Liebsten gewünscht haben. Haberlandt ließ Frau Mozart wunderbar aufleben, ließ die Zuhörer über ihre Worte schmunzeln und auch Stirnrunzeln - man fühlte mit ihr als charismatischer Protagonistin. Imorde und Schneider begeisterten mit Präsenz von der ersten Sekunde an sowie mit ihrer fantastisch ausdrucksstarken Interpretation, die Texte und Musik zu einem Fluss werden ließen. Die Sonate B-Dur KV 378, die Satzteile von Textteilen durchbrochen, ließen das Konzert und das Leben Mozarts ausfließen.

Minutenlanger Applaus.

(RP)
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