Krefeld Als Freiwilliger Helfer in der Schule

Krefeld · An der Bischöflichen Montessori Gesamtschule gibt es rund 100 körperlich behinderte Schüler. Sie benötigen zum Teil intensive Betreuung während des gesamten Schultages. Dies übernehmen sieben Zivildienstleistende und drei Helferinnen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren.

Wenn um kurz vor acht der Körper-Behinderten-Bus an der Bischöflichen Montessori Gesamtschule hält, nehmen Philipp Haefs und Marleen Hellegers ihre Schützlinge in Empfang. Sie tragen deren Rucksäcke und begleiten sie in ihre Klasse. Die beiden Krefelder absolvieren an der Gesamtschule ihren Zivildienst beziehungsweise ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und betreuen mit sechs weiteren Zivis und zwei FSJlerinnen Schüler mit einer körperlichen Behinderung.

Rund 100 Schüler der Gesamtschule haben eine solche Behinderung. Doch nicht alle benötigen eine intensive Betreuung. "Jeder unserer jungen Helfer hat drei bis vier Schüler, die er den ganzen Schultag über betreut und begleitet", erläutert Sozialpädagoge Jochen Deußen. "Die übrigen benötigen nur gelegentliche Hilfe, bei ihnen wechseln sich die Zivis und FSJlerinnen ab." Die meisten intensiv betreuten Schüler sind Rollstuhlfahrer, haben eine Spastik oder Muskelerkrankungen.

Wichtige Bezugspersonen

Auf dem Weg in die Klassen erzählen die Schüler Philipp und Marleen, was sie erlebt haben, was sie aufgeregt oder gefreut hat. Die beiden sozialen Helfer sind wichtige Bezugspersonen für die Gesamtschüler. "So weiß man gleich, wie es ihnen geht", sagt Marleen, die anschließend eine Ausbildung zur Reiseverkehrsfrau machen möchte. "Das Jahr ist wichtig für mich, da ich mir erst klar werden musste, was ich nach meinem Abitur überhaupt machen möchte."

An der Gesamtschule kümmert sich die 20-Jährige um zwei Zehntklässlerinnen. Die eine ist 15 Jahre alt und sitzt im Rollstuhl, die andere, 17 Jahre alt, hat eine Spastik. Beide begleitet sie in die Klasse, hilft der 17-Jährigen auf ihren Stuhl und packt die Rucksäcke aus. Während des Unterrichts schreibt Marleen für beide mit. "Das Mitschreiben kostet die Betreuten viel zu viel Konzentration, dadurch dass der Helfer ihnen das abnimmt, können die Schüler besser zuhören", erläutert Deußen. Das gilt auch für Klassenarbeiten. "Wir sitzen dann in einem Extraraum, und sie diktiert mir, was ich schreiben soll", erzählt Marleen.

Philipp hat unterdessen einen Fünftklässler abgeholt. Der Zwölfjährige hat eine Muskelerkrankung, so dass er sich nur schwer verständlich äußern kann und eine Gehhilfe benötigt. Heute steht als erstes Sport auf dem Stundenplan. Philipp begleitet ihn und einen weiteren körperlich behinderten Schüler in die Sporthalle. Während der übrige Unterricht gemischt stattfindet – das bedeutet zwei bis drei Körperhinderte pro Klasse –, trainieren die körperlich behinderten Schüler separat in einem Sonderturnraum.

Philipps Schützlinge sind sich jedoch nie einig, was sie spielen wollen. Der Zwölfjährige spielt gerne Basketball, sein Mitschüler aber lieber Fußball. "Hier geht es vor allem um Bewegung und den Spaß am Sport", sagt Philipp, der seinen Zivildienst von sechs auf neun Monate verlängert hat. Anschließend will der 19-Jährige Wirtschaftsingenieur studieren. Die Zeit an der Gesamtschule ist für ihn sehr wichtig: "Hier lernt man, im Team zu arbeiten sowie seine Angst vor dem Umgang mit behinderten Menschen abzubauen und entwickelt eine gute Menschenkenntnis ."

Nach der siebten Schulstunde erledigen die Schüler ihre Hausaufgaben in Freiarbeit bevor der Bus sie um 14.30 Uhr abholt. "Hier können wir den Unterrichtsstoff nacharbeiten und uns noch einmal von Marleen erklären lassen", erzählt die 15-jährige Rollstuhlfahrerin. Deshalb müssen die Zivis und FSJlerinnen auch im Unterricht aufpassen", erläutert Schulleiter Hans-Willi Winden. Die freiwilligen Helfer gehen auch mit auf Klassenfahrten. "Das ist eine besondere Herausforderung für unsere Zivis und FSJlerinnen", sagt Deußen. Aber das machen sie immer gern. Dadurch wird die Bindung zwischen Helfer und Betreuten auch noch stärker." Und wenn nach einem Jahr die Helfer die Schule verlassen, "fließen auf beiden Seiten meist Tränen", erzählt Winden. Andererseits freuen sich die körperlich behinderten Schüler auch auf neue Helfer, "die unseren Alltag lebendig machen", sagt die 15-Jährige.

(RP)
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