Krefeld Debatte um 24-Stunden-Kita

Krefeld · Die Verwaltung soll prüfen, ob Krefeld Bedarf für eine 24-Stunden-Kita hat. Der Vorschlag von SPD-Ratsherr Frank Meyer wird polarisierend diskutiert. Berufstätige Eltern begrüßen eine solche Planung, doch Experten sehen Nachteile: Sind die Kinder in diesem Modell am Ende die Verlierer?

Krefeld: Debatte um 24-Stunden-Kita
Foto: ddp, ddp

Pünktlich um 14 Uhr macht Christiane Rahusen Feierabend. Ganz in Ruhe kann sie nun ihre Tochter Lea abholen, so dass den beiden noch viel gemeinsame Zeit am Nachmittag bleibt. Das war nicht immer so. Viele Jahre arbeitete die Oppumerin im Einzelhandel. "Arbeitszeiten bis abends um 22 Uhr waren an der Tagesordnung. Wo mein Kind in der Zeit untergebracht war, hat den Arbeitgeber nicht interessiert. Der Dienstplan wurde festgelegt und man musste hundertprozentig flexibel sein. Sonst wäre man gar nicht eingestellt worden."

Christiane Rahusen hält es für eine längst überfällige Idee, Kindertagesstätten mit variablen Öffnungszeiten bis hin zur Übernachtung einzurichten. "Wenn man um 22 Uhr von der Arbeit kommt, schläft das Kind schon lange. Und man möchte es ja auch nicht wecken, um es dann nach Hause zu holen." Ein großer Vorteil sei zudem, dass die Kinder in der Tageseinrichtung immer unter Kindern seien und nicht nur mit erwachsenen Betreuungspersonen wie Oma und Opa zusammen.

Fachbereichsleiter Gerhard Ackermann vom Amt für Jugendhilfe und Beschäftigung macht Familien in ähnlicher Situation allerdings nicht viel Hoffnung auf die baldige Einführung einer 24-Stunden-Kita. "Sicherlich muss eine Ausweitung der Betreuungszeiten weiter auf der Agenda bleiben. Aber auch jetzt gibt es in Krefeld schon gute Möglichkeiten, mit einer Kombination aus Kita und Tagespflege den Bedürfnissen Berufstätiger entgegen zu kommen." Wichtig sei vor allem, dass das Kindswohl immer im Vordergrund stehen müsse. "Insbesondere kleine Kinder müssen stabile Bindungen zu Bezugspersonen aufbauen. Und das wäre in einem 24-Stunden-Schichtbetrieb einer Kita nicht möglich."

Zudem seien Fälle, in denen Kinder über Nacht betreut werden müssen nur Einzelfälle. Für diese sei eine institutionalisierte Einrichtung nicht finanzierbar und organisierbar. Ein "Einzelfall" ist Sabine Schmitt-Winter. Seit der schweren Erkrankung ihres Mannes, der dann vor zwei Jahren verstarb, arbeitet die Mutter des heute fünfjährigen Julius Vollzeit als Hebamme in einem Krankenhaus. Julius geht in den Kindergarten und wird davor und danach bei Bedarf von einer Tagesmutter betreut. "Ich brauche eigentlich für jeden Dienst eine Übernachtungsmöglichkeit für Julius", sagt die junge Witwe. "Wenn ich Frühdienst habe, muss ich um 5.30 Uhr losfahren. Aber ich kann ihn ja schlecht mitten in der Nacht wecken und morgens um fünf bei der Tagesmutter abgeben. Genauso ist es abends. Wenn ich um 23 Uhr Dienstschluss habe, schläft er längst." Der Spagat zwischen lebensnotwendiger Arbeit und Kind gelingt nur mit dem guten Willen ihrer Tagesmutter, die "aus Nettigkeit" den Jungen in der Nacht betreut, dem Opa und vielen Freunden. Eine Betreuung "aus einer Hand" würde für Sabine Schmitt-Winter vieles vereinfachen. Und auch Julius müsste nicht mehr fragen: "Mama, wo schlafe ich heute?"

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort