Krefeld Freispruch im Fall Jaqueline

Krefeld · Der Prozess gegen Marco W. endete gestern mit einem Freispruch. Trotzdem blieben Zweifel. Der angeklagte Familienvater hatte 2006 bereits gestanden, die Prostituierte erdrosselt zu haben. Dann aber widerrief er.

Die Anklage: Vor acht Jahren – am 3. April 1998 – soll der heute 43-jährige Familienvater Marco W. die Prostituierte „Jaqueline“ in Krefeld erdrosselt haben. Das Urteil: Der Freispruch ließ gestern die Tochter des Opfers in Tränen ausbrechen. „Wir konnten nicht anders entscheiden“, erklärte der Vorsitzende Richter am Krefelder Landgericht das Urteil gegen den Angeklagten, der bereits gestanden hatte.

Der Prozess: In seinem Plädoyer hatte der Staatsanwalt eine siebenjährige Freiheitsstrafe wegen „Totschlags mit bedingtem Tötungsvorsatz“ gefordert. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Sein Klient hatte zu diesem Zeitpunkt sein Geständnis bereits zurückgezogen.

Zu viele Ungereimtheiten

Der Richter urteilte: „Es kann dem Beschuldigten einfach nicht nachgewiesen werden, dass er die Tat begangen hat.“ Es gebe zu viele Ungereimtheiten. So soll „Jaquelines“ letzter Kunde – und damit der mutmaßliche Täter – laut einer Zeugin lange Haare gehabt haben. Marco W. trug aber damals wie heute eine Kurzhaarfrisur. Er selbst erklärte in seinem Geständnis, dass er eine aus der Tatwohnung entwendete „Frauenperücke“ getragen habe. „Ob diese allerdings überhaupt existiert hat, ist fraglich“, ergänzte der Vorsitzende Richter. Andere Prostituierte aus dem Etablissement wüssten jedenfalls nicht, dass die Getötete jemals eine Perücke besessen habe.

Zudem wurden 2005 sowie Anfang 2006 im Fernsehen mehrere Beitrag über den ungeklärten Fall „Jaqueline“ ausgestrahlt. „Eine Sendung sah sich das Gericht sehr oft an. Und alles, was der Angeklagte gestanden hat, kommt auch in diesem Beitrag vor“, meinte der Vorsitzende.

Äußerst schwer wiege zudem, dass in der Tatwohnung keine DNA-Spuren des Beschuldigten sichergestellt werden konnten. „Selbst, wenn Marco W. sich noch so gründlich bemüht hätte, seine Spuren zu verwischen: Es ist kaum vorstellbar, dass die Ermittlungsbeamten anschließend gar nichts finden, was auf ihn hinweist“, fuhr der Vorsitzende fort.

Trotzdem blieben Zweifel. Warum das Geständnis? Laut Gutachter ist Marco W. nicht psychisch krank. Das spreche gegen eine falsche Selbstbeschuldigung. Und die Argumentation des Verteidigers, sein – übrigens hoch intelligenter – Mandant habe damals in einer persönlichen Krise mit dem Geständnis eine Art „sozialen Selbstmord“ begehen wollen, hielt der Richter ebenfalls nicht für plausibel. „Wie auch immer. Es gibt keine schlüssigen Beweise. Das Gericht hat nur eine Möglichkeit, nämlich den Angeklagten frei zu sprechen!“

(RP)
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