Serie 1517 - Krefeld Und Die Reformation Luthers Bibel von 1541 droht der Zerfall

Krefeld · Im Reformationsjahr zeigt das Museum Burg Linn bis zum 3. Septem-ber die Ausstellung "1517 - Krefeld und die Refor-mation". In unserer Serie stellen wir besondere Exponate und Kapitel vor. Heute geht es um eine Bibel aus Luthers Lebzeiten. Chemische Prozesse zerfressen das alte Papier.

 Johannes Gutenberg beim Druck des Psalters auf einem Holzstich von Wilhelm Werthmann. Ohne Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks hätte Luther seine Texte nicht so schnell und so weit verbreiten können.

Johannes Gutenberg beim Druck des Psalters auf einem Holzstich von Wilhelm Werthmann. Ohne Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks hätte Luther seine Texte nicht so schnell und so weit verbreiten können.

Foto: dpa

Das absolute Highlight der Ausstellung ist die Lutherbibel aus dem Jahr 1541: "Ein Schriftdenkmal von nationaler Bedeutung", wie Christoph Dautermann, der stellvertretende Museumsleiter, betont. Wie sie in den Bestand des Linner Museums gekommen ist, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen: "Es befindet sich keine Ankaufsquittung oder ähnliches in den Unterlagen", sagt Dautermann. Er vermutet, dass sie mit einem der Bibliotheksankäufe zu Zeiten Albert Steegers Eingang in die Sammlung gefunden habe. Sicher sei leider nur, dass sie in einem beklagenswerten Zustand sei und dringend der Restaurierung bedürfe. Im Namen der Freunde und Förderer des Museums Burg Linn, nimmt deren Vorsitzende, Jeannine Moens, deshalb die laufende Ausstellung zum Anlass, die Krefelder um Unterstützung und Mithilfe zu bitten: "Wir freuen uns über jegliche Spende."

 Als die Schlange ins Paradies kommt, ist das Papier schon zerstört. Die Textzeilen wurden handschriftlich ergänzt.

Als die Schlange ins Paradies kommt, ist das Papier schon zerstört. Die Textzeilen wurden handschriftlich ergänzt.

Foto: Dirk Senger/Stadt Krefeld

Eileen Wolff, Restauratorin im Museum Burg Linn, beschreibt gemeinsam mit Christoph Dautermann, welche Arbeiten vorrangig vonnöten seien, damit das 500 Jahre alte Buch zumindest konserviert und der Verfall gestoppt würde: "Es geht keinesfalls darum, einen Neuzustand herzustellen", betont Dautermann. So gelte es beispielsweise, chemische Prozesse zu stoppen. Gerade bei den zahlreichen Holzstichen seien große Schäden zu verzeichnen: "Hier setzen Oxidationsprozesse ein und zerfressen das Papier", erklärt Restauratorin Wolff. Zu stoppen seien diese chemischen Prozesse im Papier, indem die schädigenden Stoffe "herausgewaschen" werden. "Diese Arbeit können nur Fachfirmen leisten".

 Vielleicht hat Martin Luther diese Bibel noch in der Hand gehabt. Sie stammt von 1541 und ist ein nationales Schriftdenkmal. Nur wenige Lutherbibeln aus dieser Zeit sind erhalten. Diese braucht dringend eine Restaurierung, um den Zerfall des Papiers zu stoppen.

Vielleicht hat Martin Luther diese Bibel noch in der Hand gehabt. Sie stammt von 1541 und ist ein nationales Schriftdenkmal. Nur wenige Lutherbibeln aus dieser Zeit sind erhalten. Diese braucht dringend eine Restaurierung, um den Zerfall des Papiers zu stoppen.

Foto: T. Lammertz

Auch der Bucheinband sei beschädigt und verzogen, wodurch der Buchblock bereits stark deformiert sei. Zudem fehlten Beschläge und Schließen. "Bei Objekten dieser Bedeutung ist es wichtig, sie in einen Zustand zu versetzen, dass sie ausgeliehen werden können", sagt Dautermann. Für die Restaurierung dieser Bibel werden etwa 5.700 Euro benötigt.

Dass es sich bei den beiden Lutherbibeln, die sich im Bestand des Museums befinden, um herausragende Sammlungsobjekte handelt, beschreibt Christoph Dautermann: Luther sei zwar nicht der Erste und nicht der Einzige gewesen, der in der Mitte des 15. Jahrhunderts die Bibel ins Deutsche übertragen habe. Zum Beispiel sei die Bibel in deutscher Sprache von Johann Mentelin (um 1410-1478) zu nennen, die bereits 1466 veröffentlicht wurde. Diese ersten Bibelübersetzungen hätten aber noch keine große Verbreitung erfahren. Das änderte sich erst mit der Lutherbibel, die bei Hans Lufft 1534 in Wittenberg gedruckt wurde.

Zunächst habe Luther das Neue Testament auf Grundlage des griechischen Textes übersetzt, was 1522 erschienen ist. Nach und nach übersetzte er die vollständige Bibel. "Das Neue daran war die textkritische Auseinandersetzung mit den Urtexten", macht Dautermann deutlich. Während andere Bibelübersetzer sich stets auf die lateinische "Vulgata" gestützt hätten, habe sich Luther mit Mitarbeitern (wie beispielsweise Justus Jonas, 1493-1555, oder Philipp Melanchthon, 1497-1560) sowohl um die griechischen, als auch hebräischen, aramäischen und andere Vorlagen bemüht. Er habe damit eine neue Sprache gefunden, die von allen gelesen und verstanden werden konnte: "Das hat ihren großen Erfolg ausgemacht", erklärt Dautermann, "es bestehen bis heute Worte und Redewendungen, die Luther in unseren Wortschatz eingebracht hat."

Einen besonderen Anteil am Erfolg der Lutherbibel haben auch die zahlreichen, teilweise kolorierten Holzstiche, die die Lutherbibel zieren. Sie stammen aus der Werkstatt von Lucas Cranach d.J. (1515-1586). "Die Qualität der Bebilderung der Bibel war enorm wichtig. Die zahlreichen Abbildungen entsprechen dem Ansatz der Reformation, dass das gemeine Volk in der Lage sein sollte, selbst die Bibel zu lesen und zu verstehen", führt Dautermann aus, "vorher wurden oftmals die Kirchenwände mit der Heilsgeschichte ausgemalt oder es gab die sogenannte Biblia pauperum, quasi eine Art "Comic-Heft", das die Heilsgeschichte in Bildern wiedergab".

Die zweite Lutherbibel aus dem Bestand des Linner Museums stammt aus dem Jahr 1544 und befindet sich derzeit in Essen, wo sie im Rahmen der Ausstellung "Der geteilte Himmel" gezeigt wird. Auch sie benötigt dringend die helfenden Hände eines fachkundigen Restaurators.

Für die Restaurierung dieser ebenfalls wertvollen historischen Bibel werden etwa 7.500 Euro benötigt. Es gibt ein Spendenkonto bei der Sparkasse Krefeld, IBAN: DE60 3205 0000 0045 0060 95. Stichwort: Lutherbibel.

(RP)
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