Krefeld Protestbrief - Künstlerin gegen Kunstspenden

Krefeld · In einem Offenen Brief wehrt sich Brigitta Heidtmann dagegen, dass Künstler als Lückenbüßer betrachtet werden, die bei kommunalen Sparmaßnahmen als Nothelfer gefragt seien - ohne Lohn. Der Wert der Kunst werde nicht geachtet.

 Brigitta Heidtmann mit ihren Arbeiten bei einer Ausstellung in der Galerie Fochem.

Brigitta Heidtmann mit ihren Arbeiten bei einer Ausstellung in der Galerie Fochem.

Foto: Thomas Lammertz

Es war ein ehrenvolles Ansinnen, aber für die Künstlerin Brigitta Heidtmann der Auslöser, der einem lange gehegten Unmut Bahn brach. Der Verein Impuls Krefeld hatte angefragt, ob sie für eine geplante Kunstauktion zugunsten von Stups, Seifenkistenrennen und Spiel ohne Ranzen ein Kunstwerk zur Verfügung stellen möge. Heidtmann lehnt ab - und begründet das in einem Offenen Brief mit klaren Worten: "Ich wundere mich, dass Sie auf die Idee kommen, ausgerechnet Künstlerinnen und Künstler seien in der Lage, die immer weiter klaffenden Lücken zu schließen, die zumeist durch Kürzungen des Gemeinwesens bei sozialen, karitativen und kulturellen Initiativen entstanden sind."

Heidtmann ist eine engagierte Künstlerin und auch ehrenamtlich aktiv - seit Jahren zum Beispiel im Berufsverband Bildender Künstler (BBK) Niederrhein. Und es geht ihr nicht darum, Hilfe zu verweigern. Gerade im Kulturbereich sind Haushaltskürzungen seit Jahren stetig wiederkehrendes Thema. "Es hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, Künstlerinnen und Künstler seien immer dann willkommen, wenn sie etwas umsonst beisteuern können - sei es ehrenamtliche Arbeit, sei es die Teilnahme an nicht honorierten Aktionen, sei es die Spende eines Kunstwerks. Ich frage mich schon, wie viel Wert der regionalen Kunst hier eigentlich zugemessen wird."

Das Einkommen durch die Kunst liegt für die meisten unterhalb des Existenzminimums. Heidtmann zitiert eine Umfrage der Künstlersozialkasse. Danach beträgt das Durchschnittsjahreseinkommen eines freien Künstlers pro Jahr 14 000 Euro brutto. "Mitglieder der Künstlersozialkasse haben eine durchschnittliche Rentenerwartung von rund 420 Euro im Monat."

Schon früher hat Brigitta Heidtmann im Gespräch mit unserer Zeitung kritisiert, dass städtische Unterstützung für Künstler fehle. Künstler könnten nur bis zu einem gewissen Grad marktwirtschaftlich arbeiten, um ihre Kunst gut zu verkaufen. Denn was sich einer Mode anpasse, sei keine Kunst mehr: "Kunst denkt voraus und oft am Markt vorbei", sagt sie. Kunst habe es schwer, "weil sie sperrig ist. Das ist ihre Qualität. Design oder Kunsthandwerk beinhalten einen konkreten Nutzen, Kunst bedeutet eine geistige Auseinandersetzung, ist also eine Bildungsleistung."

Da der Verein Impuls auch Mitglieder der großen Wohltätigkeitsorganisationen zur Auktion eingeladen hat, schlägt Heidtmann vor, bei ihnen nachzufragen, ob sie regelmäßig Geld für soziale und kulturelle Einrichtungen Krefelds spenden könnten, denn die seien ja weiterhin durch städtische Nothaushalte bedroht. "Hier helfen keine einmaligen Benefiz-Veranstaltungen, die das Gewissen beruhigen." Als Lösung sieht sie, die Kultur "aus den sogenannten freiwilligen Leistungen der Haushalte herauszunehmen, um sie damit ein für alle Mal aus der darin implizierten Bittstellerrolle zu entlassen". - Einen ähnlichen Vorstoß hatte jüngst die FDP gemacht. Im Kulturausschuss am 25. Februar hatte sie gefordert, dass die Kulturstiftung der Sparkasse künftig ausschließlich freie Träger unterstützen solle, um ihnen im Nothaushalt Planungssicherheit zu geben. Der Vorschlag stieß auf Kritik, weil die Politik keine Vorgaben machen könne, wen oder was eine Stiftung fördert, und weil die Mehrheit der Kulturpolitiker fürchtet, das könne ein Freibrief für Kommunen sein, sich aus der Förderung der Freien zurückzuziehen.

(RP)
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