Krefeld Schöne Höfe

Krefeld · Neben der Pflege der Landschaft erhalten Krefelds Landwirte kostbare Hofanlagen, die reich an Historie sind.

 Niederrheinische Backsteingotik: Yvonne und Georg Dahlhoff vor dem Café Kornblume an der Straße Hinterorbroich, das heute ein wichtiges Standbein bei der Bewirtschaftung des Parlingshofes ist. Die Gebäude wurden liebevoll restauriert. Bautechnisch war vor allem die Sicherung der Verzierungen unterm Dach schwierig. Im Hintergrund rechts ist das 1899 errichtete Wohnhaus erkennbar.

Niederrheinische Backsteingotik: Yvonne und Georg Dahlhoff vor dem Café Kornblume an der Straße Hinterorbroich, das heute ein wichtiges Standbein bei der Bewirtschaftung des Parlingshofes ist. Die Gebäude wurden liebevoll restauriert. Bautechnisch war vor allem die Sicherung der Verzierungen unterm Dach schwierig. Im Hintergrund rechts ist das 1899 errichtete Wohnhaus erkennbar.

Foto: Lammertz Thomas

Wie entdeckt man, dass ein leerer Kuhstall ein zauberhafter Raum sein kann? Indem man heiratet. So war es jedenfalls bei Yvonne und Georg Dahlhoff. Sie wollten unbedingt auf dem elterlichen Hof Hochzeit feiern und haben dazu den ehemaligen Kuhstall ins Auge gefasst. Er wurde nicht mehr für die Tiere genutzt und diente als Garage, Maschinenpark und Gerümpelkammer. "Wir haben ihn dann leergeräumt und weiß gestrichen - und dachten dann: Wow, okay, da kann man etwas draus machen", berichtet Yvonne Dahlhoff. Der großzügige Raum, die Einbindung in die Landschaft, die Stahlsäulen, die Kappendecke - alles atmete genau die Mischung aus Nostalgie und Funktionalität, die einen Raum schön machen. Das, was die beiden jungen Eheleute schließlich aus dem Raum machten, war das Café Kornblume, heute ein erfolgreiches Ausflugscafé und eine Lokalität für alle möglichen Feste, besonders für Hochzeiten, versteht sich.

 Die Toranlage sieht wieder aus wie früher. Irgendwann in den 60er Jahren war der Rundbogen zu einem Viereck erweitert worden.

Die Toranlage sieht wieder aus wie früher. Irgendwann in den 60er Jahren war der Rundbogen zu einem Viereck erweitert worden.

Foto: Lammertz Thomas

Der Parlingshof - der elterliche Hof von Georg Dahlhoff - ist ein Beispiel von vielen, wie Landwirte in der Region eine erstaunlich schöne Bausubstanz erhalten, die landschaftsprägend ist: trutzige Backstein-Burgen, die von Ferne wie eine Mischung aus Ritterburg und Bauernhof wirken. Viele dieser Gehöfte blicken auf eine Jahrhunderte währende Siedlungsgeschichte zurück, berichtet Landwirt Heinz Albert Schmitz, der sich in der Historie der Höfe rund um Krefeld gut auskennt. Gut erforscht ist etwa die kulturhistorische Höfereihe Benrad. Das "Heimatbuch Viersen" hat den Höfen dort in den 70er Jahren eine Reihe gewidmet - schon aus der Erfahrung heraus, dass immer mehr Höfe verloren gegangen sind. Benrad war seit dem 11./ 12. Jahrhundert Siedlungsgebiet; die Geschichte der Höfe dort beginnt Anfang des 15. Jahrhunderts. Die Namengebung hingegen ist viel jünger, berichtet Schmitz - erst im napoleonischen Zeitalter wurde es üblich, die Höfe nach dem jeweiligen Besitzer zu benennen. Damals, so Schmitz, wurden viele Höfe denen übereignet, die sie bewirtschafteten.

 Das war einmal ein Kuhstall. Die Decke ist als "Preußische Kappendecke" seit dem 19. Jahrhundert eine verbreitete Konstruktion für Zweckbauten.

Das war einmal ein Kuhstall. Die Decke ist als "Preußische Kappendecke" seit dem 19. Jahrhundert eine verbreitete Konstruktion für Zweckbauten.

Foto: Lammertz Thomas

Auch wenn viele dieser in erstaunlich aufwendiger Backsteingotik errichteten Komplexe wie Denkmäler aussehen - nicht alle stehen unter Denkmalschutz. Das galt und gilt auch für den Parlingshof der Familie Dahlhoff. Als sie die Idee mit dem Café Kornblume entwickelten, begann auch eine Phase der Restaurierung: So wurde die ursprüngliche Gestalt des schön geschwungenen Torbogens zum Hof wiederhergestellt - die Torrundung war in den Jahren zuvor aus praktischen Gründen zu einem Viereck aufgebrochen worden. Die Backsteinwände wurden gesandstrahlt und restauriert, der Kuhstall, der nur kleine Fenster hatte, bekam behutsam gesetzte hohe Fenster dazu - wegen des Blickes in die Landschaft und damit er heller wurde. Georg Dahlhoff erinnert sich dankbar an die Zusammenarbeit mit den Krefelder Behörden. "Bei Nutzungsänderungen auf Bauernhöfen gelten sehr restriktive Regeln; wir haben das in bestem Einvernehmen mit den zuständigen Behörden gemacht", sagt Dahlhoff. Dahinter steht auch die Erfahrung: Nur sinnvoll genutzte Gebäude lassen sich erhalten.

Eine Bedingung, Landwirtschaft und Café-Betrieb nebeneinander zu betreiben, war die Aufgabe der Tierhaltung. "Tiere brauchen hundertprozentige Aufmerksamkeit", sagt Dahlhoff, "da kann man nie sagen: Ich mach das jetzt mal drei Stunden später, weil ich Gäste habe. Kartoffeln hingegen beschweren sich nicht, wenn etwas mal später erledigt wird", fährt er fort und lacht. Die einzigen Tiere, die heute noch auf dem Hof sind, sind einige Pferde - aber das passt zum Café Kornblume.

Die heutigen Gebäude des Parlingshofs gehen auf relativ neue Bauten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Das Wohnhaus wurde 1899 errichtet, der Kuhstall kam in den 20er Jahren dazu. Obwohl als reines Nutzgebäude gebaut, weist er an der Front aufwendige Verzierungen auf: zweifarbige, in schönem Muster verbaute Ziegel. "Es war schwierig, das zu erhalten", erinnert sich Dahlhoff; die gemauerte Zierleiste war marode und drohte zu bröckeln. Am Ende hielt es doch. Die Zierleiste ist da und unterstreicht heute die Schönheit dieses Ortes.

Orbroich ist wie Benrad ein Musterbeispiel für eine Ansammlung kostbarer Höfe. Das spektakulärste Beispiel dürfte die Wasserburg Gastendonk sein, heute eine luxuriöse Wohnanlage. Die Geschichte der Vorburg reicht bis ins Mittelalter zurück; das Herrenhaus wurde 1759 im Rokoko-Stil errichtet. Wieder ist es die moderne Nutzung, die das kostbare Ensemble erhält.

Einen Trend bei solchen alten Anlagen kann man unter ästhetischen Gesichtspunkten nur mit Bedauern sehen: die Anbringen von Solaranlagen auf den Dächern. Auch wenn der Kopf weiß, warum es sinnvoll ist, so viel wie möglich Sonnenenergien zu nutzen - wer den rotbraunen Zauber einer Backsteinwand versteht, wird die glitzernde Glätte auf den Schindeldächern mit Melancholie und Bedauern sehen.

Dahlhoff hat beim Parlingshof darauf verzichtet - aus ästhetischen Gründen. Die niederrheinische Landschaft mit lauter Solardächern wäre eine andere als das, was wir heute vor Augen haben.

(RP)
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