Krefeld-Forstwald Showdown im Streit ums Kasernengelände

Krefeld · Die Visiere sind runtergeklappt, die Gegner haben sich im Scharmützel um das zehn Hektar große Gebiet in Stellung gebracht. Objekt der Begehrlichkeiten: Das Gelände der ehemaligen britischen Kaserne in Forstwald.

 Objekt des Streits: Die Kasernen in Forstwald.

Objekt des Streits: Die Kasernen in Forstwald.

Foto: Lammertz, Thomas

Auf der einen Seite des Kampfplatzes hat Bezirksvorsteher Hans-Josef Ruhland eine Gruppe Forstwalder Bürger mit dem Ziel um sich geschart, die Bebauung der früheren Francisca Barracks zu verhindern.

Ihnen gegenüber steht Martin Linne vom städtischen Planungsamt mit der Absicht bereit, eine gemäßigte Bebauung und Zuzug von Neubürgern zu erreichen. Er sagt: "Die Bebauung des Kasernengeländes liegt im Interesse der Gesamtstadt. Wenn wir Einwohner halten beziehungsweise gewinnen wollen, sollten wir qualitativ geeignete Standorte nutzen."

Dritter Akteur: Der eigentliche Besitzer, die Bundesanstalt für Immobilien, kurz BIMA, die das Gelände vermarkten will. Entscheiden, was wirklich in Forstwald geschehen wird, kann jedoch keiner der Genannten. Am Ende wird im Rat der Stadt abgestimmt, wie das Gelände verwendet wird. Der Flächennutzungsplan schreibt die Option fest, ob ein Gebiet bebaut werden kann - Linne will diese Möglichkeit im Flächennutzungsplan verankern, die Forstwalder um Ruhland wollen das verhindern.

Vereinbarungen mit den Briten?

Ruhland und seine Mitstreiter pochen auf Wiederaufforstung. Gern genannte Argumente sind zum einen die vertraglichen Vereinbarungen mit den Briten, die 1952 Wiederaufforstung für den Zeitpunkt des Abzugs, der 2002 erfolgte, versprochen hatten. Das zugehörige Dokument allerdings ist verschollen. Zudem, so die Argumentation, sei die "Kulturlandschaft Forst-wald" historisch als Denkmal einzuordnen.

Noch stärker aber dürften die Befürchtungen wiegen, dass mit einer Bebauung die Verkehrsbelastung im Stadtteil steigt. Groß sind die Zweifel, dass es wirklich bei einer "gemäßigten Bebauung", wie das Planungsamt sie vorschlägt, bleiben würde. Die Gegner der Bebauung glauben, dass großzügige Grundstücke nahe der Bahnlinie, des möglichen "Eisernen Rheins", nicht zu Premiumpreisen verkauft werden können, zumal die Erschließung wegen nicht nutzbarer maroder Kanäle zusätzlich auf die Anwohner umgelegt werden würde.

Befürchtet wird, dass ein Investor bei Scheitern dieser Strategie auf kleinen Parzellen massenhaft Reihenhäuser setzen könnte. Schicksbaum wird in dem Zusammenhang gern als Negativbeispiel genannt.

Umfrage aus dem Jahr 2003

Die Wiederaufforster um Ruhland stützen sich auch auf eine Umfrage aus dem Jahr 2003, die ergeben habe, dass die Mehrheit der Forstwalder (1453 Stimmen) gegen eine Bebauung sei. Eine Bürgerin sei damals von Haus zu Haus gegangen, um Unterschriften zu sammeln. Ebenso votierte die Mehrheit der Jahreshauptversammlung des Bürgervereins Forstwald vor zehn Jahren für eine Wiederaufforstung.

Dem widerspricht Jürgen Herzog, selber Forstwalder und Ehrenvorsitzender des Bürgervereins. Nach seiner Kenntnis seien längst nicht alle Forstwalder gegen die Bebauung, die Vorteile für die Entwicklung der Nahversorgung, ÖPNV-Anbindung, Schulen und Kindergärten habe.

Der Bürgerverein Forstwald hat jetzt einen Arbeitskreis gegründet, um auf die wiederaufflammende Diskussion reagieren zu können. Die Vorstandsmitglieder befürworten zum überwiegenden Teil die Wiederaufforstung.

Gelände frei von Altlasten

Bereits bei der Jahreshauptversammlung im Mai war der damalige Vorsitzende Marcus Bartsch aus dem Amt gedrängt worden, dem Vernehmen nach, um den Vorstand im Hinblick auf das Thema Kasernengelände auf eine Linie zu bringen. Die Arbeitshypothese der Wiederaufforster, das Gelände sei mit giftigen Altlasten verseucht und könne deshalb nicht oder nur mit sehr hohen Kosten bebaut werden, hat jetzt einen erheblichen Dämpfer erhalten: Ein Gutachten, das die BIMA im Juni 2013 hat erstellen lassen, ergab, dass das Gelände frei ist von Altlasten. Somit wäre für eine Bebauung im Sinne des Planungsamtes leichter zu argumentieren. Warum die Krefelder Verwaltung dieses 57-seitige Papier mit rund 200 Seiten Anhang, eigentlich eine scharfe Waffe gegen die Wiederaufforster, monatelang unter Verschluss gehalten hat, ist unklar.

Das Gutachten, so ein Stadtsprecher auf Anfrage unserer Redaktion, das seit Ende Juni vorliege, müsse noch von der Unteren Bodenschutzbehörde geprüft werden, bevor es an die Politik weitergegeben werden könne. Diese Prüfung sei bis Ende Oktober nicht möglich gewesen, weil einige Seiten gefehlt hätten. Das Fehlen der nach Auskunft der BIMA "drei nicht entscheidenden Seiten" ist jedoch erst nach der Berichterstattung in unserer Zeitung vom 15. Oktober aufgefallen und gegenüber der BIMA am 18. Oktober bemängelt worden. Wie lange die Prüfung des Gutachtens nun noch dauern wird, hat die Stadt Krefeld nicht mitgeteilt.

Die BIMA unterdessen geht ihren eigenen Weg und hat mit der Vermarktung begonnen, um mögliche Interessenten schon mal auf das eventuell zu verkaufende Objekt aufmerksam zu machen. Obwohl Planungsdezernent Martin Linne nach eigenen Angaben ausdrücklich davon abgeraten hatte, eine Vorankündigung des als "Entwicklungsfläche in idyllischer Waldlage" angepriesenen Geländes zu veröffentlichen, wurde das Exposé in einem Immobilienportal veröffentlicht - ganz ohne bindenden Ratsbeschluss.

(RP)
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