Krefeld Supernova !

Krefeld · Sängerin Heather Nova von den Bermudas gastierte am Sonntagabend in der Friedenskirche vor ausverkauftem Haus. Die 600 Besucher hielt es nicht auf den Sitzen. Ein Abend für Romantiker, nicht für Bofrost-Herzen.

 Die Friedenskirche war atemberaubend schön illuminiert und mit Blumen geschmückt für den Auftritt von Heather Nova (48). Die Musikerin hat viele ihrer Hits gespielt - und sich für Krefeld begeistert.

Die Friedenskirche war atemberaubend schön illuminiert und mit Blumen geschmückt für den Auftritt von Heather Nova (48). Die Musikerin hat viele ihrer Hits gespielt - und sich für Krefeld begeistert.

Foto: Mark Mocnik

Irgendwann gegen Ende des Konzerts reift die Erkenntnis, dass diese Stimme nicht verschwinden wird. Sie hallt nach, und wer an diesem Abend dabei war, der wird sich künftig beim Betreten des Gotteshauses immer erinnern an diesen nasskalten, stürmischen und magischen Abend im Februar 2016, als Heather Nova und ihre Band Krefeld verzauberten. Knapp zwei Stunden spielen sie vor ausverkauftem Haus, in der Friedenskirche sind selbst die raren Emporenplätze belegt und in den hinteren Reihen stehen die Menschen früh, um einen Blick auf die anmutige Erscheinung vorne im Altarraum zu gewinnen. Später steht dann auch der Rest. Heather Nova, Grazie, Supernova.

Seit 23 Jahren ist Heather Frith, die sich früh schon den Künstlernamen Nova gab, der Popwelt bekannt. 1993 erschien ihr Album "Glowstars". Alben wie "Oyster" (1994) und "Siren" (1998) machten sie weltberühmt, die nunmehr 48-Jährige tourte mit Neil Young und Pearl Jam, große deutsche Musikmagazine nahmen die wunderhübsche Erscheinung aufs Cover, doch mit den Jahren schien ihr Stern zu verglimmen. Eine gewisse Beliebigkeit wurde der Stimme zuletzt nachgesagt, was weniger über gesangliche Qualitäten als mehr über die Halbwertszeit von Berühmtheit im Popzirkus aussagt, der doch ständige Neuerfindung einfordert. Die einzige wirklich Neuerfindung Heather Novas war jedoch die, sich einen Künstlernamen zuzulegen, weil Europa den Namen "Frith" angeblich so schlecht aussprechen konnte. Musikalisch hingegen pflegt sie aus alter Tradition den soften Wohlklang, den melancholischen Popsong. Daran stören sich Musikkritiker gerne, und man kann sich einen Spaß draus machen und die Begriffe "Heather Nova" und "seicht" googeln.

Die Kulisse des Sakralbaus Friedenskirche ist an diesem Abend atemberaubend schön. Der Altarraum illuminiert, die Farben stetig wechselnd. Ein Flügel unter der Kanzel, vorne ein kleiner Perserteppich, den Heather Nova nur für zwei Songs verlassen wird, um sich an den Flügel zu setzen. Das Konzert beginnt mit "Treehouse" vom neuen Album "The Way It Feels", vom ersten Lied an wird der Abend durch diese glockenhelle sternenklare Stimme getragen.

Heather Nova wird viele ihrer Hits spielen, auch Rocksongs wie "London Rain", doch stets folgt die Instrumentierung den räumlichen Gegebenheiten der Kulisse. Ihre beiden Begleitmusiker wissen sich zurückzunehmen, wenngleich insbesondere die Schlaginstrumente im hallenden Kirchbau zeitweise extrem auffallen. Ein Höhepunkt ist das nur von Banjo begleitete "Moon River Days" - wer hier "seicht" schimpft, der kann sein Herz auch gleich bei Bofrost abgeben.

Heather Nova, die auf den Bermudas aufwuchs, zeitweise mit ihrer Hippieaussteigerfamilie auf einem Segelboot namens Moon lebte, erzählt in ihren Songs immer wieder von der Schönheit der Natur. Viele Lieder handeln von der See und der Wichtigkeit, Verbündete und Vertraute im Leben zu haben, und sei es der stete Wellengang. "Verletzlichkeit ist unsere größte Stärke", sagt sie einmal im Konzert, und auch, wenn man vor lauter Kuscheln und Metaphysik irgendwann einfach nur ein lautes Rumms fordert, ist man berührt von diesen Sätzen. Wie gut es Heather Nova und ihrer Band geht, merkt man an ihren Ansagen. Multiinstrumentalist Arnulf Lindner etwa erzählt, dass er vor dem Konzert in Krefeld schwimmen gewesen sei. Er fragt, warum hier so viele schnelle Schwimmer unterwegs seien. Er habe sich gefühlt wie der langsamste Typ im Becken. Heather Nova lobt derweil immer wieder die Kulisse ("Dies ist ein aufregender Ort"). Sie möge Krefeld, sagt sie, was wohl weniger ein Kompliment an die Stadt ist als vielmehr ein Lob an ihr Auditorium. Entzückt und erstaunt blickt sie immer auch hoch zur Empore. Dort sitzen viele Pärchen, die meisten sind Üvies, also über 40, viele halten Händchen und küssen sich. Besonders innig wird es beim Song "Winterblue" mit seinem schönen Refrain "Baby, you're my yellow summer/ Baby you're my winterblue". Wer derlei Romantik für peinlich hält, der muss eben weiter Helene Fischer hören.

Zwei Zugaben gibt die Band, im zweiten Block kommt auch Heather Novas Bruder Mishka mit auf die Bühne, der den Vorsänger gegeben hatte. Ein beschwingter Mitschunkler zum Finale, Bowies "Starman" in einer halben Reggaeversion. Beim Rausgehen sehen die Besucher auf dem Luisenplatz den großen Nightliner-Bus, in dem die Tourfamilie Nova schlafen wird. Sie wird weiterreisen, morgen spielt sie in Köln in der ausverkauften Kulturkirche. Etwas hat Heather Nova aber in der Friedenskirche Krefeld gelassen. Man kann es zwar nicht sehen, aber 600 Besucher werden es noch lange hören.

(RP)
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