Krefeld Von der Kunst, das Glück zu finden

Krefeld · Janina Hellmann ist Beamtin. Ihre Leidenschaft, die Kunst, hat sie erst dieses Jahr wiederentdeckt - mit großem Erfolg.

 Janina Hellmann hat ihre Wohnung mit eigenen Bildern dekoriert. Die 31-Jährige hat ein Händchen die schönen Dinge des Lebens.

Janina Hellmann hat ihre Wohnung mit eigenen Bildern dekoriert. Die 31-Jährige hat ein Händchen die schönen Dinge des Lebens.

Foto: Thomas Lammertz

Das Glück ist ein Schmetterling. Hauchzart, wunderschön und leider kaum zu fassen. Janina Hellmann hat lange nach ihrem persönlichen Schmetterling gesucht. Jetzt, mit 31 Jahren, hat sie das Glück gefunden. In der Kunst.

"Ich dachte, wenn ich perfekt funktioniere und dazu noch viel arbeite, dann wird auch mein Leben perfekt sein", sagt die Krefelderin, die im ländlichen Kerken aufgewachsen ist und in Straelen zur Schule ging. Schon in der Grundschule zeigte sich ihr künstlerisches Talent. "Ich habe immer schon gerne gemalt. Viele fanden meine Bilder gut. Auch die Lehrer. Aber es war halt nur ein Hobby", erinnert sich Hellmann.

Als mittleres von drei Kindern musste sie sich viel erstreiten, nahm schon mit 14 verschiedene Jobs an, um das Taschengeld aufzubessern. "Meine Eltern haben sich getrennt, als ich zwölf war. Meine Mutter war danach mit drei Kindern allein zu Haus und musste entsprechend gut mit dem Geld haushalten. Für Flausen im Kopf wie ein Kunststudium blieb da kein Platz", erinnert sich Janina Hellmann.

 Er kommt bei Männern sehr gut an: Der französische Schauspieler Jean Reno, bekannt durch den Film "Léon - Der Profi".

Er kommt bei Männern sehr gut an: Der französische Schauspieler Jean Reno, bekannt durch den Film "Léon - Der Profi".

Foto: Bärbel Keinelsen

Für ihre Tochter wünschte sich die Mutter einen sicheren Beruf, etwas Ordentliches, das gut bezahlt wird und Zukunft hat. Sie riet der Abiturientin zu einer Bewerbung bei der Stadt Krefeld. Von der Leidenschaft zur Kunst und dem außergewöhnlichen Talent der Tochter war keine Rede mehr. "Das war aus Sicht meiner Eltern nur ein schöner Zeitvertreib. Da ich immer gut in der Schule war und ein Studium auch nicht finanziert bekommen hätte, habe ich also eine Bewerbung an die Stadt geschickt. Versuchshalber."

Aus dem Versuch wurde schnell Ernst. Ehe sich Janina Hellmann versah, war sie Auszubildende bei der Stadt Krefeld und lernte die verschiedensten Bereiche kennen. Glücksgefühle kamen dabei nicht auf. Im Gegenteil. Die Krefelderin ging an vielen Tagen sogar mit Bauchschmerzen zur Arbeit. "Ich dachte oft daran aufzuhören, dann aber wieder, dass ich es durchziehen müsste. Dass das von mir erwartet würde. Und so habe ich mich durchgebissen und immer mehr gearbeitet", erinnert sich Hellmann.

Nach drei Jahren war die Ausbildung vorbei, und obwohl noch gar nicht richtig im Beruf angefangen, fühlte sich die städtische Mitarbeiterin bereits ausgebrannt. Die tägliche Arbeit mit Zahlen ermüdete die Finanzbuchhalterin, lag ihr tageweise schwer wie ein Wackerstein im Magen.

 Der Sänger und Gitarrist der Berliner Rockband Beatsteaks, Arnim Teutoburg-Weiß, zeigt sein Tattoo.

Der Sänger und Gitarrist der Berliner Rockband Beatsteaks, Arnim Teutoburg-Weiß, zeigt sein Tattoo.

Foto: bk

Hinzu kam, dass mehrere Bereiche, in denen Janina Hellmann eingesetzt war, aufgelöst oder umstrukturiert wurden, so dass die junge Beamtin immer wieder ihren Arbeitsplatz wechseln musste. So landete sie irgendwann in der Mediothek und entwickelte wieder Freude an ihrer Tätigkeit. Das große Glück war das zwar nicht, aber ein guter Anfang.

"Ich dachte, ich müsste vielleicht noch studieren, dass mir diese Herausforderung fehlt. Also habe ich 2013 ein BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing angefangen, meine Arbeit bei der Stadt auf 20 Stunden reduziert und noch mehr geackert", erzählt Janina Hellmann. Am Lehrstuhl habe sie mitgearbeitet und Projekte begleitet. Für Hobbys und Freizeit blieb keine Zeit. "Und als ich den Bachelor in der Tasche hatte, habe ich mich ernsthaft gefragt, ob ein Master mich wirklich noch weiter bringt." Denn inzwischen hatte auch ihr Körper eindeutig signalisiert, dass ihm das Arbeitspensum zu hoch ist. "Ich hatte ständig Kopf- und Magenschmerzen und wenig Freunde, da dafür keine Zeit blieb." Der Glücks-Schmetterling schien so weit entfernt wie nie zuvor.

Dabei war er ganz nah. Eigentlich die ganze Zeit dagewesen. Nur bemerkt hatte ihn Janina Hellmann nicht. In der Krise jedoch entdeckte sie ihre kreative Ader neu, brachte sich selber Fotobearbeitung bei, gestaltete Plakatwerbung im Marketingbereich der Stadt. Und im Mai dieses Jahres war das Glück dann plötzlich da.

 Er ist der Frauenschwarm schlechthin - auch in gemalter Form: Johnny Depp.

Er ist der Frauenschwarm schlechthin - auch in gemalter Form: Johnny Depp.

Foto: Bärbel Keinelsen

Janina Hellmann fand es vor der Staffelei, beim Malen von Porträts. Die Bilder, die sie eigentlich nur für sich gemalt hatte, sprachen auch andere an, die bereit waren, dafür Geld zu zahlen. Die vermeintlich brotlose Kunst brachte der Krefelderin nicht nur viele glückliche Momente, sondern auch einen hübschen Nebenverdienst. Inzwischen hat sie so viele Anfragen, dass sie gar nicht alle erfüllen kann. Denn die Kunst ist, auch wenn es sie glücklich macht, nur ein professionell betriebenes Hobby.

"Es ist Auftragskunst. Aber es macht mir unheimlich viel Spaß. Es sind so schöne Motive, die ich malen darf, und es ist einfach das, was ich immer machen wollte", sagt Janina Hellmann. Ihr tut die Wertschätzung der Kunden gut, die begeistert sind von ihren Werken und ihre Porträts Freunden weiterempfehlen. Aber was noch viel schöner ist: Janina Hellmann hat ihn gefunden - ihren Glücks-Schmetterling.

(bk)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort