Krefeld Zwei-Personen-Stück über Theodor Storm

Krefeld · Im Stadtpark-Gymnasium wird ein Stück unter dem Titel "Frau Storm" aufgeführt. Es stammt von dem Storm-Forscher Eckart Pastor und eröffnet eine heitere Annäherung an einen großartigen Dichter.

Vielleicht muss man Theodor Storm heute als einen Unterschätzten der deutschen Literatur bezeichnen. Zwar steht er in jeder Literaturgeschichte als Vertreter des literarischen Realismus, aber in den Schulen ist er in die Mittelstufe verbannt: Die Struktur der Novelle mit Rahmen- und Binnenerzählung lässt sich im Unterricht zu schön analysieren. Unterschätzt wird dabei die moderne Wucht in diesen Erzählungen: Storms Himmel, so hat es ein Germanist formuliert, ist leer; kein Gott verbürgt mehr letzten Sinn und letzte Ordnung, auch Vernunft und Fortschrittsglaube der Aufklärung sind längst gefährdet. In dieser Leere entfaltet sich eine innerweltliche Dämonie, die Ungeheuer gebiert.

Es gibt nun in Krefeld eine ungewöhnliche Möglichkeit, sich dem Menschen Storm anzunähern. In der Aula des Gymnasiums am Stadtpark wird am Mittwoch ein Zwei-Personen-Stück unter dem Titel "Frau Storm" aufgeführt. Das Stück stammt von dem Storm-Forscher Eckart Pastor. Er ist emeritierter Germanistikprofessor an der Universität Lüttich und Mitglied der Theodor-Storm-Gesellschaft. Pastor hat das Theaterstück zum Storm-Jahr 2017 zum 200. Geburtstag des Dichters geschrieben. Das Stück wurde in Lüttich im Rahmen eines Storm-Kolloquiums mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. In dem Stück geht es um einen Dialog zwischen Storm und seiner ersten Ehefrau Constanze. Pastor hat dazu den Briefwechsel zwischen den Eheleuten ausgewertet und in ein heiteres Kammerspiel umgemünzt.

Der Gelehrte hat bis zum Studienbeginn in Krefeld gelebt, besuchte erst die Waldorfschule, dann das Gymnasium am Moltkeplatz. Zuletzt hat er im September in der Mediothek einen Vortrag anlässlich des Storm-Jahres 2017 gehalten. In seinem Stück spielt er am Mittwoch selbst den Theodor.

Rund 80 Schüler des Stadtpark-Gymnasiums werden mit ihren Deutschlehrern zu den Zuschauern gehören - es gibt in der Aula aber noch reichlich Platz für Storm-Freunde. Der Eintritt ist frei, es wird um eine Spende für die Storm-Gesellschaft gebeten.

Storm war zweimal verheiratet. Seine erste Ehefrau Constanze heiratete er 1846. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. Constanze starb 1865 nach der Geburt ihrer Tochter Gertrud. Storm hat tief getrauert; einige seiner schönsten Gedichte sollen im Zuge dieser Gemütsverfassung entstanden sein; darunter der Gedichtzyklus "Tiefe Schatten" mit dem berühmten "Ans Haff nun fliegt die Möwe". 1866 heiratete er die 38-jährige Dorothea Jensen. Er hatte sie bereits kurz nach seiner ersten Hochzeit kennengelernt. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor.

Storm zu entdecken, ihn der Mittelstufen-Harmlosigkeit zu entreißen, lohnt sich allemal. So großartig und dicht der "Schimmelreiter" ist - die anderen großen Erzählungen Storms stehen ebenbürtig daneben: natürlich "Pole Poppenspäler", aber eben auch "Zur Chronik von Grieshuus", "Ein Fest auf Haderslevhuus", "Hans und Heinz Kirch" oder "Carsten Curator" . Der "Schimmelreiter" ist im Todesjahr Storms 1888 erschienen und sicher die düsterste, am meisten pessimistische Erzählung: Das Licht der Aufklärung hat sich hier in schwer absehbare Dämmerung verwandelt. Prophetisch: Das 20. Jahrhundert sollte auf das Grausamste belegen, welche Ungeheuer Menschen hervorzubringen imstande sind. Goyas Schlaf der Vernunft - Storm hat die Erzählungen dazu geliefert.

Dass Storm auch als Lyriker berühmt ist, ist seiner Prosa anzumerken. Seine Sätze schwingen und klingen und atmen, dass man sie laut lesen und wie schweren Wein schlürfen möchte. Storms Lyrik ist von gleicher Doppelbödigkeit. Berühmt ist "Ans Haff nun fliegt die Möwe"; weniger bekannt ist ein herzzerreißendes Stück, das die Schauspielerin Hannelore Hoger in einem "Bella Block"-Krimi vorgetragen hat und in dem es um die Trennung eines Paares geht: "Vorüber rinnt auch dieser Augenblick,/ Und wieviel Stunden dir und mir gegeben,/ Wir werden keine mehr zusammen leben."

Kein Trost, nirgends.

Termin des Stücks "Frau Storm": Mittwoch, 24. Januar, 14.30 Uhr, Gymnasium am Stadtpark; Nikolaus - Groß - Str. 31, Eintritt frei, um eine Spende wird gebeten.

(RP)
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