Fotos Bundestagswahl 2013: Fünf Fragen an Norbert Spinrath (SPD)
Eine halbe Wahlperiode war der Kreis Heinsberg ohne eigenen Bundestagsabgeordneten – wenn Sie gewählt werden, was wäre ihr erstes Thema für Berlin?
Herr Dautzenberg (CDU) hat seinen Wählerauftrag nicht ausgeführt, da ein lukrativer Job lockte. Ich will volle vier Jahre dafür arbeiten, dass die Menschen sicher leben können. Und sozial gerecht. Im Kreis Heinsberg kann davon keine Rede sein. Mehr als 26 Prozent der Leute arbeiten in Leih-, Zeitarbeit, Minijobs, mehr als 25 Prozent verdienen im Monat unter der Armutsgrenze (940 Euro). Zuerst will ich für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro pro Stunde arbeiten. Viele bekommen weniger, müssen auch bei Vollzeit eine Aufstockung beantragen.
Die Erwerbstätigenquote bei Frauen ist im Kreis Heinsberg so niedrig wie kaum anderswo in Deutschland – was sollte sich ändern?
Ja, bei uns im Kreis Heinsberg arbeiten nur 39 Prozent aller Frauen. Zum einen ist es bei uns im ländlichen Raum sehr schwierig, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Deshalb will ich eine neue Familienpolitik durchsetzen. Mit vielen Anreizen, u.a. ausreichenden und flexiblen Kitaplätzen und -zeiten sowie Ganztagsbetrieb an den Schulen. Gebührenfrei für Eltern. Vielen Frauen werden nur Minijobs angeboten. Das führt in die Altersarmut, Rentenansprüche entstehen nicht. Ich will, dass diese Jobs umgewandelt werden in voll sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit.
Deutschland befindet sich in der Energiewende – wird der Braunkohlentagebau bei Erkelenz länger als bis 2045 als Energiequelle dienen müssen?
Viele Menschen müssen in Erkelenz für die Braunkohle ihre Heimat aufgeben und umsiedeln – für unsere Stromversorgung und damit den Wohlstand für uns alle. SPD und Grüne haben bereits vor mehr als 10 Jahren den Atomausstieg durchgesetzt, die Energiewende vereinbart. Das wurde leider durch schwarz-gelb in Berlin zurückgedreht - sonst wären wir heute schon viel weiter. Wir brauchen die Braunkohle noch als Brückentechnologie. Es muss uns gelingen, bis 2045 eine Spei-chertechnik zu entwickeln, die uns auf die Braunkohle verzichten lässt.
Muss der Bund die Kommunen bei der Betreuung von Kindergartenkindern stärker unterstützen?
Ja, die Bundesregierung unter Frau Merkel und Herrn Rösler hat die Kommunalfinanzen ausgetrocknet. Die SPD und ich wollen dies auf eine neue Grundlage stellen. Die Kinderbetreuung ist ein Beispiel. Über den Rechtsanspruch hinaus brauchen wir mehr Kitaplätze. Die Ganztagesbetreuung will die SPD ausbauen. Und die Gebührenfreiheit für Bildung von der Kita bis zur Uni. Der Bund soll mehr Kosten übernehmen für Aufgaben, die er den Kommunen übertragen hat – Sozialleistungen, Migrations- und Integrationskosten und die Infrastruktur.
Wie kann verhindert werden, dass der ländliche Raum gegenüber Großstädten bei der Strukturförderung ins Hintertreffen gerät?
In den vermeintlichen Schwächen des ländlichen Raumes liegen seine Chancen. Viele Unternehmen sind flexibler als große Arbeitgeber. Sie müssen den Mangel an Fachkräften durch eigene Ausbildung junger Menschen aus dem Kreis beheben. Wir brauchen einen besseren ÖPNV – auch auf der Schiene. Wir müssen im Kreis Heinsberg die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Niederlanden intensivieren und in der neu geschaffenen Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) für die Zeit nach dem Ende der Braunkohle eine aktive Rolle finden.