Langenfeld Bote liefert Pakete in ungeleerte Papiertonne

Langenfeld · Leider kam die Adressatin aus Richrath erst nach der Müllabfuhr nach Hause . . .

 Auch wenn der Deckel hermes-blau ist - eine Altpapiertonne taugt nicht als Briefkasten. Hildegard Möllenbeck nimmt die Fehllieferung mit Humor.

Auch wenn der Deckel hermes-blau ist - eine Altpapiertonne taugt nicht als Briefkasten. Hildegard Möllenbeck nimmt die Fehllieferung mit Humor.

Foto: Matzerath

Hildegard Möllenbeck ist eine humorvolle Frau. Deshalb kann die Richratherin auch darüber lachen, dass das schwarze Kleid und der Sommerpulli, die sie im Versand bestellte, nicht mehr kleidsam sein dürften. Denn höchstwahrscheinlich stecken beide jetzt entweder in einem gepressten Altpapierquader (1,10 x 1,10 x 1,40 Meter) - oder sie schwimmen schon im Rührbottich einer Papierfabrik in Zülpich.

Und das kam so: Als Hildegard Möllenbeck am Fronleichnamstag nach einer Woche in der Eifel aus ihrem Ferienhaus zurückkehrte, fand sie in der Post die Benachrichtigung eines Hermes-Paketboten: "Bitte in Papiertonner. Keine Nachbar zuhaus. Danke." Die 69-Jährige verstand sofort, schaute in die Tonne mit dem blauen Deckel vor ihrem Haus und - leer! Im Prinzip wenig verwunderlich beim Blick in den Abfallkalender: Tags zuvor war der monatliche Abfuhrtermin. "Der Bote dürfte also Montag oder Dienstag geliefert haben", kombinierte die seit 49 Jahren glücklich verheiratete "Miss Möllenbeck".

Da auf dem Zettel des Boten weder Name noch Datum, geschweige denn eine Auftragsnummer angegeben waren, kam die Richratherin bei der Service-Hotline von Hermes nicht weiter. "Ich habe statt dessen den beiden Versandhäusern, bei denen ich das Kleid und den Pulli telefonisch bestellt hatte, den Fall geschildert und ihnen eine Kopie der Botennachricht zugeschickt."

Der Hermes Europe GmbH in Hamburg ist das Malheur sehr peinlich. "Unsere Zustellregeln sehen ganz klar eine persönliche Übergabe vor", sagt Sprecherin Claudia Schanz: "Ist im adressierten Haushalt niemand anzutreffen, kann der Bote das Paket bei einem Nachbarn abgeben, mit einem schriftlichen Hinweis an den Kunden. Diese Art der Zustellung wird bis zu vier Mal pro Sendung versucht." Anders als etwa in Großbritannien sei eine Deponierung an einem "sicheren Ort", einem Gartenhäuschen zum Beispiel, in Deutschland unzulässig. "Und selbst wenn es erlaubt wäre: Eine Altpapiertonne zählt sicher nicht dazu."

Um so mehr hat die Paketdienstbranche hierzulande mit der "Erstzustellungsquote" zu kämpfen - laut Schanz "ein wichtiges Maß der Effizienz und Kundennähe". Bei Hermes liegt diese Quote nach Firmenangaben bei "über 95 Prozent", die Gesamtzustellquote bei "mehr als 99 Prozent". Die Paketdiensttochter des Otto-Konzerns setzt dabei besonders auf deutschlandweit inzwischen 14 000 "Paketshops" in Kiosken und ähnlichen Läden mit sehr langen Öffnungszeiten. Mit Wettbewerbern wie UPS will Hermes auch Mega-Briefkästen anbieten, wie sie die Deutsche Post DHL schon offeriert. Selbst die Lieferung in den Kofferraum geparkter Adressaten-Autos (Ortung per GPS) wird in der Branche bereits erwogen, um den Kostenfaktor Wiederholungsfahrten einzudämmen.

Hermes hat sich laut Schanz noch gestern bei Kundin Hildegard Möllenbeck entschuldigt (inkl. Blumenstrauß) und eine zügige Neubestellung veranlasst. Mit dem Boten ("offenbar ein neuer Mitarbeiter") werde das Gespräch gesucht. Zudem wolle man versuchen, die entsorgten Pakete ausfindig zu machen. Dies dürfte sich bei etwa 50 Euro Warenwert kaum lohnen: Schon im Presswagen der städtischen Müllabfuhr wird es für die Kartonschachteln ziemlich eng geworden sein. Spätestens aber in der Papiersortieranlage in Immigrath waren sie platt: "Unsere Großpresse hat 150 Tonnen Presskraft, die einzelnen Ballen wiegen 1,2 Tonnen", dämpft Jens Trottenberg, Betriebschef von Remondis in Langenfeld, Hoffnungen auf einen Fund der Textilie im Papierhaufen. Wahrscheinlich ist das seit Mittwoch in Immigrath angelieferte Altpapier aber ohnehin schon in Zülpich - verarbeitet zu Papierschlamm.

(RP)
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