Analyse Kaufpark-Pläne: "Politik wusste Bescheid"

Leichlingen · Philipp Kiefers Bauvoranfrage oder wer hat was wann gewusst?

 Diese hässliche Rückansicht des Kaufparktraktes kann schlimmstenfalls auch die nächsten drei Jahre und darüber hinaus noch so bleiben. Mit seiner Bauvoranfrage kommt die Inhaber wohl nicht durch. Und die Politik „gönnt“ sich mindestens zwei weitere Jahre, um über die Innenstadtgestaltung zu diskutieren.

Diese hässliche Rückansicht des Kaufparktraktes kann schlimmstenfalls auch die nächsten drei Jahre und darüber hinaus noch so bleiben. Mit seiner Bauvoranfrage kommt die Inhaber wohl nicht durch. Und die Politik „gönnt“ sich mindestens zwei weitere Jahre, um über die Innenstadtgestaltung zu diskutieren.

Foto: Miserius, Uwe

Da trifft kurz vor Weihnachten bei der Stadtverwaltung in Leichlingen eine Depesche ein - nicht irgendeine, sondern eine von Investor Philipp Kiefer. Eine Analyse: Dass es sich mit dessen Bauvoranfrage nicht um eine Weihnachtskarte an den Bürgermeister handelte, müsste eigentlich im Rathaus sofort klar gewesen sein. Die Brisanz, wenn ein Investor plötzlich von seiner großen Planung quasi Abstand nimmt und mit einer Bauvoranfrage deutlich macht, dass er ganz andere Fakten schaffen will, hätte sofort die Alarmglocken erklingen lassen müssen. Das mag es auch getan haben, vielleicht wurde die brisante Depesche aber auch bewusst hinangestellt, um mit der Veränderungssperre, wie am Donnerstag vom Rat beschlossen, ebenfalls Fakten zu schaffen.

Bürgermeister Frank Steffes streitet dies ab: "Natürlich ist bei uns die rote Lampe angegangen." Und tatsächlich sei die Politik auch so bald es ging, nach dem Jahreswechsel, über Kiefers Bauvoranfrage informiert worden. "Im Ausschuss für Stadtentwicklung sitzen die Spezialisten. Es gab auch Nachfragen. Die Brisanz der Bauvoranfrage war allen klar". Deshalb sei es für ihn nicht nachvollziehbar gewesen, dass die CDU in der Ratssitzung am Donnerstag behauptet habe, nicht informiert gewesen zu sein. "Die Politik wusste Bescheid", machte der Bürgermeister gestern gegenüber der RP deutlich. Haben die Politiker geschlafen oder bewusst die brisante Bauvoranfrage nicht thematisiert, um die Veränderungssperre nicht zu gefährden? - Nun wird diese Fragestellung und damit der Schwarze Peter an die Politik weitergereicht. Und der Bürgermeister gibt zu, dass Kiefers Bauvoranfrage angesichts der am Donnerstag beschlossenen Veränderungssperre nun keine Aussicht mehr auf einen positiven Bescheid hat. Was jetzt geschieht, das beschreibt ein Online-Leser in seinem Kommentar: "Stillstand ist Rückschritt. Wenn Leichlingen nicht aufpasst, leben wir bald wieder in Höhlen."

Politik und Verwaltung glauben, jetzt ganz viel Zeit zu haben, um in Ruhe über die Innenstadt zu diskutieren: zwei Jahre und ein weiteres als Reserve. In drei Jahren wird Leichlingen, wenn es so weitergeht, wie in den vergangenen sieben Jahren, aber möglicherweise immer noch keinen Plan für die Innenstadt haben. Es wird dann aber höchstwahrscheinlich auch keinen Lebensmittel-Vollsortimenter mehr in der City haben. Für die freie Wirtschaft, in diesem Fall der Rewe-Konzern und der Immobilien-Investor Kiefer, ist Zeit aber im Wortsinne Geld. Verwaltung, Politik und freie Wirtschaft sprechen und schreiben zwar gleichermaßen in deutscher Sprache; sie verstehen sich aber nicht unbedingt. Wenn die Politik in Ruhe überlegen und diskutieren will, die Verwaltung ihrerseits die "Stechuhren" nach ihren Gegebenheiten und Möglichkeiten stellt. Dann sind damit Zeiträume gemeint, in denen nicht wirklich etwas bewegt wird und ein Unternehmer in der freien Wirtschaft unter Umständen längst pleite ginge.

Nun wird mit dem neuen Bebauungsplan für die Innenstadt mit der Veränderungssperre der Politik und der Verwaltung sozusagen das letzte Wort erteilt für alle möglichen Bauvorhaben jedweder Grundstücksinhaber in diesem Bereich. "Gemeininteresse geht vor Privatinteresse", sagt der Bürgermeister. Nun hat Leichlingen in diesem Fall Glück, dass es außer Kiefer mit seinem Grundstück an der Wupper nur noch die d.i.i. mit ihrem Stelzenhaus als "Fremdeigentümer" in diesem Bereich gibt. Alle anderen Grundstücke sind in Besitz der Stadt. Und die d.i.i. werde der Stadt freie Hand geben, sagt Steffes.

Die Hand reichen sollten sich nun tunlichst Verwaltung, Politik und Philipp Kiefer. Denn letzterer muss ein vitales Interesse an Leichlingen haben. Genauso wie er müssen Politik und Verwaltung das Interesse haben, eine attraktive Innenstadt zu schaffen: Denn Leichlinger will seine Bürger binden und möglichst noch Zuwachs bekommen; und Kiefer will seine Mieter behalten. Steffes sagte gestern: "Ich hätte zum Telefon greifen können, das hätte Herr Kiefer aber auch tun können."

Vielleicht tun es jetzt ja beide!

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort