Leverkusen Clownerie des Alters - Aufstand im Pflegeheim

Leverkusen · Das clowneske Theaterspiel ist nicht jedermanns Sache. Stellt man sich auf der Bühne vielleicht einen Zirkus-Clown vor, der einen mit Komik und Klamauk unterhalten soll, dann hat man wahrscheinlich nicht die Geschichte des Clowns bedacht. So auch mancher Zuschauer bei Roberto Ciullis Meisterwerk "Clowns 2 ½". Mit einem deutlichen Kopfschütteln und einem lauten "Ich habe heute schon genug Psychopathen gesehen", verabschiedete sich unter anderem ein Besucher sichtlich angefressen nach nicht einmal 30 Minuten der Vorstellung.

 Anarchie im Altenheim: Die Bewohner begehren auf und stellen die Ordnung auf den Kopf.

Anarchie im Altenheim: Die Bewohner begehren auf und stellen die Ordnung auf den Kopf.

Foto: BayerKultur

Zugegeben, es ist keine leichte Kost, die uns da Regisseur Ciulli präsentiert. Die Kunst der Clownerie ist eben auch so viel mehr als Klamauk und beschäftigt sich intensiv mit den ernsten Themen des Lebens. Ein Clown spielt keine Rolle, sondern sich selbst und zeigt dabei die Größe und Schwäche des Menschen und wie wir uns immer wieder in ihm wiederspiegeln können. So nahm das Stück im Erholungshaus gekonnt die Thematik des Alterns auf und lies das restliche Publikum mal lachend und mal nachdenklich zurück.

Wurde früher das Alter mit Würde, Erfahrungsreichtum und gelegentlich auch mit Weisheit gleichgesetzt, so zeigte 2 ½ Clowns die heutigen Missstände auf: Würdeloses Altern im Pflegeheim. Der Betagte wurde vielmehr zum Makel, der vor allem von Schwächen und Beschränkungen physischer und geistiger Herkunft zeugt. In der heutigen Realität ist es wichtig, dass die Regeln eingehalten werden und das Ordnungssystem funktioniert. Da sind die Abläufe wie Essens- und Schlafzeiten ebenso genauestens festgelegt, wie die wöchentliche Gymnastikstunde. Die Individualität des Menschen geht verloren.

Gekonnt zeigt das Ensemble des Theaters an der Ruhr diese Vielfalt. Jeder Clown hat seinen eigenen überspitzten Charakter. Einzig der depressive, sich selbst aufgebende in der Ecke sitzende blaue Clown fällt aus der Reihe. Er ist sogar bereit, sich selbst das Leben zu nehmen, so satt hat er die Tristesse des Alltags. Dass ausgerechnet er es ist, der durch einen Mord die Anarchie anzettelt, hatte man so nicht kommen sehen.

Roberto Ciulli, einer der wenigen europäischen Theatermacher, der als Experte für die moderne, aber in Vergessenheit geratene Clownskunst gelten kann, warf einen befreienden, tragikomischen und hochmusikalischen Blick auf das Dunkel des "Verfalls" und verzauberte im sprachlosen Spiel mit einer brisanten Clownerie des Alters. Chapeau!

Information Für alle Clown-Liebhaber ist auch bereits eine Fortsetzung auf der Leverkusener Theaterbühne geplant. Am 10. Juni 2018 wird dann Ciullis Stück "Clowns im Sturm" im Erholungshaus zu sehen seien.

(RP)
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