Leverkusen Das Leben neben dem Chempark ist weiter erlaubt

Leverkusen · Für einen möglichen Erweiterungsbau des Wiesdorfer Möbelhauses Smidt auf der ursprünglich angedachten Fläche gibt es definitiv keine Chance mehr - für das so genannte Ganser-Karree darf die Stadt Leverkusen jedoch wieder hoffen, Wohnungen und Büros anbieten zu können.

Mehr als 100 Jahre gibt es das Nebeneinander von Industrie und Bevölkerung in Leverkusen - das neue Konzept macht Mut, dass es so weitergeht.

Mehr als 100 Jahre gibt es das Nebeneinander von Industrie und Bevölkerung in Leverkusen - das neue Konzept macht Mut, dass es so weitergeht.

Foto: Schütz

Das sind nur zwei von vielen Auswirkungen eines neuen gesamtstädtischen Konzepts, das sich mit der Seveso II- Richtlinie beschäftigt. Diese europaweit geltende Regelung hatte in den vergangenen Jahren rund um den Chempark und andere so genannte Störfall-Bebetriebe nahezu für Stillstand in der Bautätigkeit gesorgt. Der folgenschwere Chemie-Unfall im italienischen Seveso 1976 erwies sich damit fast 40 Jahre später als Bremsklotz für die Stadtplaner überall in Europa. Besonders aber in Leverkusen.

Denn Gerichtsurteile, die sich auf Seveso II beriefen, gaben berechtigten Anlass zur Sorge, dass in einem Korridor unter anderem zwischen dem Chemiepark und der Rathaus-Galerie künftig fast nichts mehr neu eingerichtet werden dürfte, was erhöhten Besucher-Verkehr mit sich bringt - also weder Geschäfte, noch Freizeiteinrichtungen oder Büros mit hoher Kunden-Frequenz.

Gestern nun stellte die Stadtverwaltung ein Konzept vor, das Planungssicherheit und damit Klarheit über die tatsächlich notwendigen Abstände von Bauprojekten zu den gefährlichen Betrieben schaffen will. Und Baudezernentin Andrea Deppe merkte nicht ohne Stolz an: "Leverkusen ist damit bundesweit Vorreiter."

Baudezernentin Andrea Deppe gestern bei der Präsentation des neuen gesamtstädtischen Konzepts.

Baudezernentin Andrea Deppe gestern bei der Präsentation des neuen gesamtstädtischen Konzepts.

Foto: Uwe miserius

Noch eine weitere gute Nachricht hatte die Verwaltungs-Vertreterin gestern im Gepäck: Die Abstände, die von der Stadt beauftragte TÜV -Gutachter tatsächlich als kritisch ermittelt haben, sind durchweg deutlich geringer als die ursprünglich pauschal angenommenen Abstandsbereiche.

Das bedeutet konkret: Für einige Störfallbetriebe gibt es überhaupt keine Problem-Zonen mehr.

- Energieversorgung Leverkusen

- FoamPartner Reisgies GmbH

- Entsorgungszentrum Bürrig

- Bayer CropScience

Doch selbst für den Chempark und Dynamit Nobel sind die Abstände, die tatsächlich zu neuer Bebauung gehalten werden müssen, deutlich geringer als ursprünglich angenommen.

Die Stadt hat jetzt für zukünftige Planungen eine Bebauungskante festgelegt, die tatsächlich in weit größerem Maße als bisher angenommen Gewerbe- und Wohngebiets-Entwicklung zulässt.

Sie sowie auch das gesamte Konzept sollen zukünftig als Entscheidungsgrundlage für Planverfahren dienen. Das umfangreiche Regelungswerk wird einen Monat lang im Elberfelder Haus öffentlich ausgelegt. Bürger können Anregungen geben und Kritik üben, der Stadtrat soll das ganze dann formell beschließen.

"Wir sind zwischendurch auch mal durchs Tal der Tränen gegangen", räumte Andrea Deppe gestern ein. Doch jetzt habe man etwas einmaliges geschaffen: "Ich bin zuversichtlich", betonte die Baudezernentin, "dass wir auf dieser Grundlage jetzt vernünftig planen können." Kommentar

(RP)
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