Leverkusen Diese Steine sollen vor Terror schützen?

Leverkusen · Die Stadt Leverkusen hat gestern zusätzliche Findlinge an den Fußgängerzonen platziert. Nur nimmt sie keiner wahr.

Drei Felsbrocken sollen die Opladener Fußgängerzone vor Terrorangriffen mit einem Lastwagen schützen. Die Stadt Leverkusen hat sie am Eingang zur Kölner Straße platziert. Doch die Findlinge sind unauffällig. "Große Steine liegen hier?", fragt Weihnachtsmarktbesucher Moritz Schulte (20) nur wenige Meter entfernt: "Ich habe keine gesehen." Ähnlich geht es Sarah Bonfico: "Ich habe davon gehört, aber sie noch nicht gesehen", sagt die 20-Jährige.

Ist auch kein Wunder, denn die Findlinge, die die Stadt eigens aus ihrem Lager geholt hat, liegen dezent an der Seite: rund um den Tannenbaum, wo sie die Zufahrt zur Budengasse auf der Kölner Straße nicht behindern. "Die hätten doch eher in die Mitte der Straße gelegt werden müssen", findet Sarah Bonfico.

 Die Polizei erhöhte gestern deutlich ihre Präsenz auf den Weihnachtsmärkten in Opladen und Wiesdorf -und trug Maschinenpistolen.

Die Polizei erhöhte gestern deutlich ihre Präsenz auf den Weihnachtsmärkten in Opladen und Wiesdorf -und trug Maschinenpistolen.

Foto: Ralph Matzerath

Dabei hat die Leverkusener Stadtverwaltung nach dem Terrorangriff in Berlin gestern noch einmal nachgebessert und einen dritten Findling am Eingang der Opladener Fußgängerzone abgelegt: rechts neben die Tanne, vor einen Fahrradständer vor einer Bäckerei. Auch in Wiesdorf wurde ein weiterer Felsbrocken am Beginn der Fußgängerzone platziert, ebenfalls am Straßenrand.

 Haben Sie's gesehen? Die Findlinge, die die Stadt zum Schutz vor Terror eigens aus ihrem Lager geholt hat, liegen dezent an der Seite: rund um den Tannenbaum, wo sie die Zufahrt zur Budengasse auf der Kölner Straße nicht behindern.

Haben Sie's gesehen? Die Findlinge, die die Stadt zum Schutz vor Terror eigens aus ihrem Lager geholt hat, liegen dezent an der Seite: rund um den Tannenbaum, wo sie die Zufahrt zur Budengasse auf der Kölner Straße nicht behindern.

Foto: genath

Bereits im Sommer hatte die Polizei die Stadt aufgefordert, die zwei Fußgängerzonen an den gefährlich erscheinenden Stellen zu sichern.

Die Stadt verteidigt die Lage der Steine. "Es war nie geplant, die Zufahrten dicht zu machen", sagt Stadtsprecherin Julia Trick. "Schließlich sollen auch noch Rettungsfahrzeuge durchkommen. Und auch die Geschäfte müssen weiterhin beliefert werden können." Ziel der Steine sei es, einen Lkw-Attentäter zu bremsen. "Wenn jemand in eine Menschenmenge rasen will und er eine Kurve fahren muss, wird er automatisch langsamer." Außerdem seien nicht nur die Steine ein Hindernis, sondern auch bereits bestehende Masten oder Pfähle, beispielsweise Ampeln.

Unter dem Eindruck des Lkw-Attentats von Nizza hatte die Stadt ursprünglich erwogen, versenkbare Poller in der Straße zu installieren, die hatte man aber wieder verworfen. Sie wären zwar geeignet gewesen, Lastwagen abzuhalten, mit 40.000 Euro plus Kosten für Einbau, Leitungsverlegung, Wartung und Strom aber viel zu teuer gewesen. Die Findlinge gehören zum Bestand des Grünflächenamtes und verursachen minimale Kosten.

Schutz vor Lkw-Terroristen bieten sie aber nicht, wie Rüdiger Thust, Bezirksvorsitzender der Kripo-Gewerkschaft BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter) betont: "Für einen schweren Laster wie den in Berlin wären diese Steine überhaupt kein Hindernis", sagte er gestern auf Anfrage. Allerdings bezweifelt der Polizeigewerkschafter ebenso die abschreckende Wirkung der teuren Pollervariante: "Und selbst wenn solche Sperren wirklich Lastwagen abhalten - wer garantiert uns, dass sich nicht ein Fußgänger mit einem Sprenggürtel neben uns an den Glühweinstand stellt?", fragt er sich.

Als Reaktion auf die Terrortat in Berlin erklärte Oberbürgermeister Uwe Richrath gestern: "Die Menschen in Leverkusen sind in Gedanken bei den Opfern dieses - wie es sich mittlerweile abzeichnet - grausamen Anschlags und trauern mit deren Angehörigen." Ziel solcher Anschläge sei es, Angst und Unsicherheit zu verbreiten und gleichzeitig Hass und Zwietracht zu säen. "Dem müssen wir uns entgegenstellen, in dem wir uns nicht einschüchtern lassen und jeden Tag aufs Neue für ein friedliches Miteinander eintreten." Mit Blick auf die Sicherheitslage stehe die Stadt in ständigem Austausch mit den Polizeibehörden.

Als Zeichen der Anteilnahme und Solidarität wurde auf den Weihnachtsmärkten in Wiesdorf und Opladen gestern eine Schweigeminute abgehalten. Auf Anordnung des Innenministeriums des Landes wurde auch in Leverkusen Trauerbeflaggung angebracht.

Und noch eine Anordnung des Landes wurde in Opladen und Wiesdorf umgesetzt: Die Polizei erhöhte deutlich ihre Präsenz auf den Weihnachtsmärkten -und trug Maschinenpistolen. "Wir müssen jetzt noch mehr Wachsamkeit und Präsenz zeigen", hatte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Morgen versprochen. Die Polizei werde in Doppelstreifen und schwerer bewaffnet kontrollieren, außerdem werde es neben den offenen auch verdeckte Maßnahmen geben.

Das könnte auch Moritz Schulte und Sarah Bonfico ein besseres Sicherheitsgefühl geben - die von der Stadt aufgestellten Findlinge sicher nicht. "Sie sind ja kein Allheilmittel", sagt die 20-Jährige. "Wer einen Anschlag plant, der schafft das auch", ergänzt Schulte. Die Gefahr in Opladen schätzt er allerdings gering ein. "Da sind Großstädte wie Köln sicherlich stärker gefährdet."

(RP)
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