Leverkusen Schwanensee - anders gut

Leverkusen · Das Ensemble der "Dance Factory" aus Johannesburg überzeugte das Publikum im "Forum" mit einer Neuinterpretation des klassischen Stoffes.

 Bauschende Tutus von Männern und Frauen gleichermaßen in Bewegung versetzt, teils afrikanische Rhythmik: Die "Dance Factory" mischte den Klassiker mit frischen Elementen.

Bauschende Tutus von Männern und Frauen gleichermaßen in Bewegung versetzt, teils afrikanische Rhythmik: Die "Dance Factory" mischte den Klassiker mit frischen Elementen.

Foto: John Hogg

Das war ein gelungener Auftakt der Tanzsaison bei KulturStadtLev. Begeistert und ausgiebig feierte das Publikum im voll besetzten "Forum"-Saal die außergewöhnliche Neuinterpretation des klassischen Ballettstoffes "Schwanensee".

Dass hier nicht die bekannte Geschichte zur Musik von Peter Tschaikowsky eins zu eins erzählt wird, ist schon beim ersten Auftritt des kompletten Ensembles der "Dance Factory" aus Johannesburg klar. Männer wie Frauen treten im obligatorischen weißen und bauschigen Spitzen-Tutu auf. Sie haben ohne Zweifel die Grundlagen in der strengen Schule eines russischen Balletts gelernt und gleichzeitig die Tradition des afrikanischen Kontinents bewahrt.

Und so entsteht ein faszinierender Mix, der diesen "Swan Lake" zu einem wirklich spannenden Abend voller Neuentdeckungen macht. Und das nicht verbissen ernst, sondern mit einer ordentlichen Portion Humor gewürzt. Die Musik des berühmten Pas de deux aus Tschaikowskys "Schwanensee" habe sie inspiriert, sagt die südafrikanische Tänzerin und Choreografin Dada Masilo, die auf der "Forum"-Bühne selbst tanzte. Und zwar die Rolle der Odette, die auserkorene Braut für Prinz Siegfried. Doch in ihrem Schwanenteich ist der begehrteste Junggeselle schwul und versucht, sich der arrangierten Ehe zu entziehen.

Aber jedes Mal wenn er in die Kulissen verschwindet, wird er zurückgezogen in die tanzende Hochzeitsgesellschaft, die nach afrikanischer Art einen rhythmischen Gesang anstimmt und sich dazu heftig bewegt. Masilo hat nämlich nur ausgewählte Teile von Tschaikowskys Ballettmusik benutzt, um sie mit emotionalen Kompositionen von Arvo Pärt, Steve Reich und Camille Saint-Saëns zu kombinieren.

Außerdem setzt sie in dieser Choreografie das Element der Sprache ein, nicht nur zur Vermittlung der Handlung, sondern durchaus auch als rhythmisches Moment. Und so bleiben die Tänzer hier nicht stumme Mimen, sondern setzen immer wieder mit der Stimme Akzente, auch wenn sie angesichts des turbulenten Geschehens atemlos sein sollten.

Dada Masilo hat nicht nur die total unterschiedlichen Tanzstile zu etwas Neuem verbunden, sondern sich zudem vom Tierreich inspirieren lassen. Wie werbende Hühner rütteln die tanzenden Schwäne mit dem Hinterteil. Auch die Schwanenbraut benutzt das in ihrem anmutigen, afrikanisch gefärbten Solo, mit dem sie um die Gunst des Prinzen buhlt. Allein Odile, der Geliebte des schwulen Bräutigams, schwebt betörend wie eine klassische Primaballerina auf Spitze über den farbig ausgeleuchteten Ballettboden und verblüfft das begeisterte Publikum einmal mehr mit einer weiteren Variante der poetischen Nuancen, die mit besonders energiegeladenen Szenen wechseln.

Ein wundervoller und emotionaler Tanzabend mit vielen faszinierenden Bewegungsmomenten - allerdings mit tragischem Ende, denn da begehen sämtliche Schwäne, jetzt im langen schwarzen Rock, kollektiv Selbstmord.

(mkl)
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