Meerbusch Erinnerung an Büderichs letztes Freibad

Meerbusch · 31 Grad heute! Blauer Himmel, Sonnenschein, Blumendüfte. Ein Wort mit zwei Silben fehlt in dieser wonnevollen Reihe: das Freibad. Wir nehmen Sie gerne mit — in Büderichs Strandbad, zur feierlichen Eröffnung vor 75 Jahren

 Mehr als zehn Jahre dauerten die Vorbereitungen fürs Strandbad. In Betrieb war es gerade mal zwei Jahre.

Mehr als zehn Jahre dauerten die Vorbereitungen fürs Strandbad. In Betrieb war es gerade mal zwei Jahre.

Foto: Stadtarchiv

Willkommen im Büdericher Strandbad! Bitte, schauen Sie sich ruhig um. Riechen Sie die vielen Blumen? Benötigen Sie einen Damenbadeanzug? Für 20 Pfennige können Sie einen leihen, müssen aber fünf Reichsmark als Pfand hinterlegen. Die Leihgebühr für die Herrenbadehose kostet zehn Pfennige, genau so viel also wie die zweistündige Miete eines Liegestuhls. Oder nehmen Sie doch mal Platz auf einem der 20 Gartenstühle unter den großen Sonnenschirmen, das ist gratis - wenn Sie eine Limonade trinken. Oder laufen Sie die Treppen hoch zu dem auf Stelzen erbauten Büdericher Strandbad. Von dort oben können Sie den Blick schweifen lassen über das 4500 Quadratmeter große Gelände, den neuen Rasenplatz für Ballspiele, die mustergültig angelegte 400-Meter-Laufbahn und die frisch fertiggestellten Tribünen.

Um 12.15 Uhr ist die Sportanlage eröffnet worden. Und jetzt, um 16 Uhr, wird auch das Strandbad in der Nähe des Landhauses Mönchenwerth selbst eröffnet. Nicht eingeweiht. Vertreter der Kirchen sind nicht eingeladen. Darauf hat der Bürgermeister der Gemeinde Büderich, Hans Daniels, verzichtet. "Heil Hitler!" steht unter seiner Einladung zur Eröffnungsfeier des Büdericher Strandbades.

Und irgendwie klingt es in der Eröffnungsrede von Bürgermeister Daniels so, als sei die Büdericher Badeanstalt eine Idee der NSDAP gewesen. Er zitiert Reichsminister Frick, der gesagt habe: "Schafft Bäder auf dem Lande!" Auch Joseph Göbbels habe diesen Aufruf unterstützt. Und schließlich: Auch der Führer selbst habe den Willen, dass in Deutschland ein kraftvolles, sportgestähltes Geschlecht heranwachse! Nun ja, der Krieg steht vor der Tür. Was der Bürgermeister - vermutlich vor lauter Ergriffenheit - ganz zu erwähnen vergaß: Die ersten Planungen für das Strandbad in Büderich begannen bereits einige Jährchen vor 1933. 1929 hatte der Vorsitzende des just in jenem Jahr gegründeten "Schwimmverein Büderich" bei der Gemeinde beantragt, ein Schwimmbad in der Nähe des Lokals Mönchenwerth zu errichten.

Das hielt der Gemeinderat auch für eine hervorragende Idee. Pech für die Büdericher, Glück für die Nazis: Es mangelte an Geld. Ausgerechnet im Hochsommer 1931 stellte der Gemeinderat fest, dass die Mittel fehlen würden. Der Bau des Bades wurde zunächst auf Eis gelegt.

Fünf Jahre später sah das Büdericher Gemeindesäckel besser aus. Ein Kostenvoranschlag für ein Strandbad mit Badestrand, Badehaus (in Holzbauweise) mit Umkleidekabinen, Gaststätte und einem Sperrsteg zum Rhein hin wurde eingeholt, belief sich auf 23 500 Reichsmark. So gut aber sah das Gemeindesäckel dann doch nicht aus. Stattdessen gab es die Überlegung, für 20 000 Reichsmark eine schwimmende Badeanstalt zu kaufen. Eine Abordnung des Gemeinderates wollte nach Benrath fahren. Die Benrather hatten nämlich solch eine schwimmende Badeanstalt. Der Ausflug fiel aus - die schwimmende Badeanstalt hatte ihrem Namen alle Ehre gemacht und war von der Strömung des Rheins abgetrieben worden. Der Plan mit der schwimmenden Anstalt wurde schnell beerdigt.

Also lieber etwas festes. Mit Eisen und Beton. Diesen Plan verfolgte Architekt Julius Stobbe. Der Unterbau des Strandbades wurde aus Eisenbeton gebaut, der Oberbau mit oberrheinisch geflößtem Tannenholz in ungehobelter Fachwerks-konstruktion. Auf Pfeilern, so hatte es der Regierungspräsident verfügt.

Die Böhlerwerke sponserten den Bau, mit 15 000 Reichsmark. Dafür sollten Böhler-Beschäftigte freien Eintritt erhalten. Und: Das Bad müsse die Bezeichnung "Strandbad der Betriebssportgemeinschaft Edelstahlwerk Böhler und der Gemeinde Büderich tragen". Das aber lehnte der Gemeinderat ab. Man einigte sich schließlich. Auf "Strandbad der Gemeinde Büderich und der Betriebssportgemeinschaft Edelstahlwerk Böhler".

Mit der Stadt Düsseldorf kam es zu Querelen, insbesondere wegen der Zufahrtswege zum Bad. Mit einem Aalfischer kam es zum Streit, weil er sich weigerte, sein Boot nicht im Bereich des Strandbades ankern zu lassen. Und dann, nach mehr als zehnjähriger Vorbereitung, diversen Rechtsstreitigkeiten und Gesamtkosten von 38 507,40 Reichsmark, die feierliche Eröffnung. 5000 Eintrittskarten wurden beim Start des Bades verkauft.

Die Geschichte vom Ende des letzten Büdericher Freibads hingegen ist erschreckend schnell erzählt. Bereits im ersten Winter wurden Lampen zertrümmert, Glühbirnen gestohlen, Sicherungen beschädigt. Der Krieg war ausgebrochen. 1941 war der Sommer mies. Bereits im August wurde das Bad wegen schlechter Witterung geschlossen. Das war das Ende. 1942 ein Vermerk des Bürgermeisters, das Bad werde wegen der Beschädigungen und dem Fehlen von Arbeitskräften nicht mehr in Betrieb genommen.

Nach dem Krieg forderte Düsseldorfs Oberstadtdirektor die Gemeinde Büderich auf, die Anlage auf der gepachteten Fläche komplett abzubauen. 1952 folgte die Gemeinde der Anweisung, entfernte die Betonreste. Heute erinnert nichts mehr ans letzte Freibad Büderichs.

(RP)
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