Serie - Kriegsende im heutigen Meerbusch "Was uns allen die Zukunft bringt, weiß niemand"

Meerbusch · Nach Kämpfen in der Nacht rückten die amerikanischen Soldaten heute vor 70 Jahren in Büderich ein

 Die Strecke Richtung Rhein hatten die deutschen Soldaten vermint. Ein US-Panzer fuhr beim Böhlerwerk in Büderich auf eine Mine auf. Ein GI starb, fünf US-Soldaten wurden verletzt.

Die Strecke Richtung Rhein hatten die deutschen Soldaten vermint. Ein US-Panzer fuhr beim Böhlerwerk in Büderich auf eine Mine auf. Ein GI starb, fünf US-Soldaten wurden verletzt.

Foto: Stadtarchiv Düsseldorf

Am frühen Morgen des 3. März 1945 wurde der damalige Rektor Theodor Hellmich, in Büderich, durch einen schweren Kanonenschuss und klirrende Glassplitter geweckt. In der Nacht waren amerikanische Soldaten, die von Panzertruppen unterstützt wurden, nach Büderich vorgerückt. Ziel war es, über die Oberkasseler Brücke auf die andere Rheinseite zu gelangen. Was die alliierten Truppen nicht wussten: Deutsche Soldaten hatten das Bauwerk kurz zuvor gesprengt.

Bereits am Vortag war es in der Nähe Büderichs zu schweren Kämpfen gekommen. So hielt Hellmich in seinem Tagebuch fest, dass er am 2. März aus der Richtung des Böhlerwäldchens "heftiges Kanonengeknatter" vernahm. Zudem waren bei einer Bombardierung auf der Düsseldorfer Straße acht Menschen gestorben.

Als es tags darauf gegen 7 Uhr an der Tür des alten Rektors klopfte, standen etwa 30 GIs davor. Sie betraten sein Haus, um sich auszuruhen. Die Soldaten waren nach den nächtlichen Kämpfen sehr ermüdet. "Einige legten sich sogar auf den kalten Zementboden im Keller auf eine Decke. Aber zu einem Tadel haben sie sich nicht benommen" hielt er in seinem Tagebuch fest.

Ingrid Kuntze, die damals zehn Jahre alt war, erinnert sich ebenfalls noch gut, wie am Morgen des 3. März mehrere amerikanische Jeeps an ihrem Elternhaus an der Grabenstraße in Büderich, vorbei fuhren. "Ich hatte noch nie Jeeps gesehen, und in einem saß sogar ein Schwarzer", erinnert sie sich. "Alle Anwohner hatten weiße Fahnen rausgehängt, und die Amerikaner schmissen uns Kindern Bonbons und Schokolade aus den fahrenden Wagen zu.". Kuntzes Mutter war die einzige auf der Straße, die englisch sprach und wurde deswegen zur Dolmetscherin der GIs. "Mein Elternhaus diente etwa 25 Soldaten als Funkstation, aber wir durften im Haus bleiben und im Keller schlafen", sagt sie. "Die Amerikaner waren alle sehr nett", erinnert sie sich.

Um zur Brücke zu gelangen, mussten die Alliierten die Route ändern. Die ursprünglich geplante Strecke über die Niederlöricker Straße war von den Deutschen vermint worden. Aber auch die neue Route barg Gefahren: Einer der Panzer fuhr beim Böhlerwerk auf eine Mine. Dabei starb ein Soldat, fünf wurden verletzt. Die Mitarbeiter des Böhlerwerks waren bereits am 1. März entlassen worden, "nur 30 Angestellte blieben noch im Dienst", hielt Hellmich fest. Sein Tagebucheintrag vom Tag der Befreiung Büderichs endet mit den Worten: "Die Wende ist für uns gekommen. Was uns allen die Zukunft bringt, weiß niemand".

Morgen: Wie die Menschen im heutigen Meerbusch die US-Soldaten wahrnahmen.

(RP)
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