Mettmann Hilfe beim langen Weg des Abschieds

Mettmann · Das Caritas-Altenstift kooperiert mit dem Franziskus Hospiz in Hochdahl. Angehörige bringen sich ein.

 Abschied nehmen heißt loslassen können.

Abschied nehmen heißt loslassen können.

Foto: dpa

Wenn der Sterbeprozess lange dauert, können Angehörige und Pflegekräfte an Belastungsgrenzen kommen. Im Caritas-Altenstift an der Schumannstraße werden Sterbende daher seit einem Jahr auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Hochdahler Franziskus-Hospizes begleitet.

Als Hedwig Bach (88) an einem kühlen Apriltag endlich loslassen konnte, hatten die alte Dame und auch ihre Angehörigen einen schweren Weg hinter sich. "Meine Mutter ist vier Jahre lang gestorben", erinnert sich Annegret Grube* an die Zeit des Hoffens und Bangens, in der die Tochter immer wieder in Erwartung des nahenden Todes ans Krankenbett der Mutter geeilt ist. Wie oft das Telefon geklingelt hat und sie im Eiltempo ins Caritas Altenstift gefahren ist, weiß sie nicht genau. Es war ein Leben auf dem Sprung, in ständiger Sorge. Zum Schluss ging nichts mehr. "Auf der Rückfahrt vom Heim nach Hause habe ich entweder gelacht, geweint oder gewütet", erinnert sich die gelernte Altenpflegerin an das Gefühl, es einfach nicht mehr zu schaffen. Obwohl die Mutter der Mensch war, mit dem sie sich ihr ganzes Leben lang innig verbunden fühlte.

"Meine Ehe stand auf der Kippe, ich konnte nicht mehr arbeiten und habe selbst die Hilfe eines Therapeuten gebraucht", gesteht sie. Dass Grube am Ende ihrer Kraft und dem Zusammenbruch nahe war, blieb auch den Pflegerinnen der Station, auf der die Mutter betreut wurde, nicht verborgen. Auch dort hatte man den Sterbeprozess über Jahre hinweg mit viel Aufmerksamkeit und Zuwendung begleitet. Mehr als 30 Jahre hatte Hedwig Bach im Caritas Altenstift gelebt. Eingezogen war sie schon in ungewohnt jungen Jahren mit dem elf Jahre älteren und kranken Ehemann. Anfangs noch in eines der Appartements, später in den Pflegebereich. "Meine Mutter hat die dritte Etage in all den Jahren nicht verlassen. Dort war ihr Zuhause und dort wollte sie sterben", weiß Annegret Grube.

Die Tochter, die Pflegekräfte, die Hausärztin: Alle wollten der alten Dame diesen letzten Wunsch unbedingt erfüllen. Aber der Tod, den die Sterbende so oft herbeigesehnt hatte, ließ auf sich warten und die Kräfte schwanden dahin. Hedwig Bach verweigerte das Essen, bei der Mundpflege presste sie die Lippen zusammen. "Wenn die Menschen die künstliche Ernährung zuvor in einer Patientenverfügung klar abgelehnt haben, gehen wir auch diesen Weg mit", stellt Roland Spazier klar. "Wir können natürlich nicht rund um die Uhr am Bett eines Sterbenden sitzen. Auch wenn wir wissen, wie wichtig gerade das für die Menschen ist und auch wenn sich alle Pflegekräfte ganz besonders bemühen", spricht der Heimleiter über die Grenzen des Machbaren. Seit einem Jahr gibt es die Kooperation mit dem Hochdahler Franziskus-Hospiz. Sterbende, Angehörige und Pflegekräfte werden von ehrenamtlichen Sterbebegleitern unterstützt. "Das hat mich unheimlich beruhigt, weil ich doch nicht immer da sein konnte. Ich wusste vorher gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt", sagt Annegret Grube, die weiterhin auch selbst jede freie Minute bei der Mutter verbrachte. Vorlesen, die Hand halten, etwas erzählen: All das übernahm nun auch die Sterbebegleiterin. Gestorben ist Hedwig Bach friedlich in ihrem Bett. Und mit dem Gefühl, dass sie bis zum Schluss nicht allein gelassen wurde.

"Seit dem Beginn der Kooperation vor einem Jahr haben wir schon mehrere dieser Begleitungen erlebt. Das ist nicht nur für die Sterbenden sehr hilfreich, sondern auch für die Angehörigen", weiß Heimleiter Roland Spazier. Erst kürzlich hat er ein intensives Gespräch mit dem Sohn einer Verstorbenen geführt: "Ich war beeindruckt, wie viele Details eines schwierigen Weges durch die intensive Begleitung dennoch in guter Erinnerung geblieben sind."

* Name geändert

(magu)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort