Exklusives Produkt aus Mettmann Schuster verarbeitet Leder vom Ur-Ochsen

Mettmann · Muss ein Heckrind aus dem Wildgehege sterben, geht es nicht so ganz: Es lebt durch Schuhmacher Rolf Rainer ewig als exklusiver Schuh weiter.

 Schuhmachermeister Rolf Rainer fertigt aus dem Leder von Heckrindern feine Schuhe.

Schuhmachermeister Rolf Rainer fertigt aus dem Leder von Heckrindern feine Schuhe.

Foto: dietrich janicki

"Reelle Bedienung. Bei der Verarbeitung nur gutes Material", warb bereits Schuhmachermeister Xaver Rainer für sein Handwerk. Nachfolger und Sohn Rolf Rainer nutzt für seine Maßanfertigen ebenfalls nur beste Leder. Bislang waren das neben Häuten von Rind und Kalb die des Kängurus.

Nun ist die Manufaktur um eine Spezialität reicher. "Vor einem Monat habe ich sie bekommen", verweist der Schuhmacher stolz auf die pechschwarzen Tierhäute. Sie stammen von Heckrindern aus dem eiszeitlichen Wildgehege. Wird die Population zu zahlreich, werden Exemplare verkauft oder geschlachtet. Beispielsweise in Gruiten bei Metzger Rauschmann, der für das Rinderfleisch aus dem Neandertal berühmt ist.

Leder nachhaltig schön, intensiv gefärbt und garantiert ohne Chemie

"Normalerweise holen Gerbereien die Tierhäute hier ab und verarbeiten sie in einer Massenproduktion", hatte Rolf Rainer herausgefunden und sich überlegt, selbst etwas aus dem Material zu machen - schließlich sind die Heckrinder aus dem Neandertal eine Rückzüchtung der historischen Sorte namens Ur.

Im malerischen Runkel an der Lahn fand er dann Michael Beulkes Gerberei, einen kleinen Betrieb, dessen Spezialität die rein pflanzliche Behandlung von Tierhäuten bei der Verarbeitung zu Leder ist. "Das schont nicht bloß die Umwelt, sondern auch später die Gesundheit des Trägers", beschreibt der Schuhmacher diese zwar länger dauernde Öko-Variante, dessen Leder dafür nachhaltig-schön und viel intensiver in der Durchfärbung und garantiert ohne chemische Zusätze ist. Zwar gab es eine kleine Panne bei dem ersten Versuch mit vier Häuten. Bestellt waren drei Farbnuancen, geliefert wurde die Variante Schwarz gleich vier Mal. Trotzdem ist "das Experiment gelungen. Das würde ich gerne fortführen". Einer seiner Kundinnen, die vor Jahren aus der Neandertalstadt nach Süddeutschland gezogen ist, ihrer Heimat aber verbunden bleibt, konnte Rolf Rainer bereits ein maßangefertigtes Ur-Leder-Paar auf ihren Leisten zuschneiden. "Ein echtes Stück Mettmann", lobte die Trägerin die besondere Bekleidung.

Auch Otto Kahm vom Naturschutzverein, Eigentümer der tiere im Wildgehege, lobt: "Bis sich Schuster Rainer für die Tierfelle interessierte, gab es keinen Markt dafür. Umso mehr begrüßen wir die Aktivitäten von Herrn Rainer, der nicht nur Werbeträger für das Wildgehege, sondern für das gesamte Neanderland ist."

Bei Stücken aus der Manufaktur ist das "Material ein ganz wichtiges Kriterium", weiß Rainer. "Die gekonnte Verarbeitung das andere." Beides zusammen hat seinen Preis. "Ein Maßschuh, der so viel kostet, sollte deshalb kein Anlass-Schuh sein", erklärt er. Sinnvoll ist die Verarbeitung zum Zweckschuh, also dem lebenslänglich tragbaren (Lieblings-)Schuh.

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