Serie Gladbacher Lesebuch (12) Amerikanische Essensreste ernährten ganze Familien

Als 14-jährige wohnte ich an der Bahnstraße, zwischen Kabelstraße und Bahnübergang. Auf der rechten Seite war der Konsum, das Milchgeschäft Laube und die Hülsenfabrik Dörner. Gegenüber der Hülsenfabrik waren Schrebergärten angelegt, die immer gut bearbeitet wurden. Aber als die Amerikaner 1945 einzogen, haben sie diese Schrebergärten teils benutzt, um ihren Abfall zu entsorgen. Sie kamen immer mittags und kippten dort unter anderem Tonnen mit Essensresten aus.

Das hatten wir Kinder schnell entdeck. Wir warteten dann da mit Taschen, worin wir Schüsseln eingepackt hatten, und haben uns vieles von dem Abfall eingepackt. Ich war nämlich mit meiner Mutter alleine, Vater war noch im Krieg oder in Gefangenschaft, und wir haben wirklich viel Hunger gelitten und oft nur ein Glas Wasser getrunken, so dass wir etwas im Magen hatten. Nun lag dort zum Beispiel verbrannter Toast, den haben wir dann abgekratzt und gegessen. Gemüsereste haben wir auch abgewaschen und mit Appetit gegessen.

Aber am besten war es, wenn Pfirsiche ausgekippt wurden, die aus einer Büchse kamen - bis heute sind sie für mich unvergessen. Solche hatten wir ja bis dahin noch nie gesehen, und wir fanden sie einfach nur köstlich. Wie man sieht, hat es uns nicht geschadet - ich lebe heute noch.

(RP)
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