Mönchengladbach Ein Meilenstein in der Wirbelsäulentherapie

Mönchengladbach · In einer Demo-Operation zeigte Chefarzt Patrick A. Weidle im Krankenhaus Neuwerk den Einsatz aktuellster Technik bei Eingriffen an der Wirbelsäule. Er setzte dabei den sogenannten O-Arm ein.

Es quietscht und knarzt schauerlich, als Patrick A. Weidle die Schraube in den Knochen dreht. "Das liegt am Plastik", sagt er beruhigend. "Beim Menschen hört sich das ganz anders an." Der Chefarzt der Sektion Wirbelsäulentherapie im Krankenhaus Neuwerk demonstriert Besuchern im Rahmen eines Aktionstages erstmalig, wie ein Eingriff an der Wirbelsäule, unterstützt von modernster Technik, vor sich geht. An einem Wirbelsäulenmodell aus Plastik.

Die Sektion Wirbelsäulentherapie des Krankenhauses Neuwerk ist eines der wenigen Zentren in Deutschland, das über eine Technik verfügt, bei der während der Operation durch eine dreidimensionale Aufnahme eine ständige Kontrolle des Eingriffs möglich ist. "Im klassischen Verfahren werden zwei Röntgenaufnahmen in unterschiedlichen Winkel gemacht", erklärt Weidle die Unterschiede. So fehle dem Chirurgen die wichtige dritte Dimension.

Während der OP kann der Mediziner nicht feststellen, ob der Winkel, in dem er die Schraube setzt, stimmt. Den zentral verlaufenden und ebenso wichtigen wie empfindlichen Rückenmarkskanal kann man nicht erkennen. "Man braucht für diese Eingriffe viel Erfahrung", sagt der Chefarzt. Am Ende der OP kann die tatsächliche Lage der Implantate nicht kontrolliert werden. Und weil der Patient noch unter Narkose ist, kann er auch nicht befragt werden. Erst Tage nach der Operation zeigt sich bei diesem älteren Verfahren, ob der Eingriff wirklich erfolgreich war.

Im Krankenhaus Neuwerk ist das alles anders, wie Weidle eindrucksvoll beweist. Die Wirbelsäulenspezialisten setzen den sogenannten O-Arm ein, einen mobilen Tomographen, der einen dreidimensionalen Scan der Wirbelsäule des Patienten liefert. Dieser Scan ist während der OP auf den Bildschirmen sichtbar. Instrumente und Implantate werden mit Sensoren erfasst und auf dem Scan angezeigt, so dass der Operateur seine Arbeit ständig kontrollieren kann. "Es sind Referenzpunkte angebracht, die kontinuierlich abgetastet und in das Bild hineingerechnet werden", erklärt Weidle und zeigt auf die blau leuchtenden Monitore.

Der Chirurg sieht so, ob er dem Rückenmarkskanal zu nahe kommt oder ob das Implantat Druck auf die Nervenschicht ausübt. Bevor die Operation beendet und die Nähte wieder verschlossen werden, folgt ein zweiter Scan, der die Lage der Implantate jetzt nicht nur virtuell, sondern real anzeigt. Noch einmal gibt es so die Möglichkeit der Korrektur, falls nötig. "Beim klassischen OP-Verfahren haben bis zu 20 Prozent der Schrauben eine Fehllage", sagt Weidle. In zwölf Prozent der Fälle ist eine weitere Operation notwendig. Davor bewahrt die Drei-D-Technik die Patienten. Außerdem senke sie die Strahlenbelastung für Patient und OP-Personal.

Vor allem die Belastung des medizinischen Personals ist normalerweise groß, denn es arbeitet den ganzen Tag in einem Bereich, in dem immer wieder Röntgenstrahlung eingesetzt wird. Sicher, es gibt Schutzkleidung, aber die hat Nachteile. "Sie wiegt bis zu fünfzehn Kilo", erklärt der Arzt. Fünfzehn Kilo zusätzlich, die Schwestern und Ärzte den ganzen Arbeitstag lang bewegen müssen. Der Kopf und die besonders empfindlichen Augen bleiben dabei ungeschützt. Ganz anders mit der Drei-D-Technik: Hier verlässt das Personal den Raum während des kurzen Scans. Und auch der Patient ist einer geringeren Strahlendosis ausgesetzt, obwohl 360 Bilder erstellt werden.

Trotz der hochmodernen Technikeinsatzes während der OP werden Eingriffe weiterhin akribisch vorbereitet und geplant. "Es geht eine umfangreiche Diagnostik voraus,", betont Weidle. Und die Operation bleibt immer die letzte Möglichkeit, wenn alle anderen Therapien nicht mehr helfen.

Bei degenerativen Leiden, bei Tumorpatienten, die Metastasen an der Wirbelsäule haben oder bei Unfallopfern aber muss oft operiert werden. "Dann kann der Leidensdruck sehr hoch sein", weiß der Chefarzt. Und dann ist es gut, wenn neben hochqualifizierten Spezialisten auch bestmögliche Technik zur Verfügung steht.

(RP)
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