Mönchengladbach Herz Jesu weint

Mönchengladbach · Gestern schloss auf Geheiß des Bistums Aachen die Kirche Herz Jesu Pesch ihre Pforten. Traurige, wütende und resignierte Gemeindemitglieder verabschiedeten sich in der letzten Messe von ihrem Gotteshaus.

In dieser Kirche rann Helene Claßen 1948 das Taufwasser über den Hinterkopf. Hier ging sie im weißen Kleid zu ihrer ersten heiligen Kommunion und wurde wenige Jahre danach gefirmt. 1969 heiratete sie vor dem Altar Heinz-Josef Claßen, Mönchengladbachs Vorsitzenden der Kleingärtner. Zweimal saß sie in Totenmessen auf einer der Kirchenbänke, trauernd um Vater und Mutter. Und auch gestern nahm Helene Claßen wieder aus einem traurigen Anlass auf einer dieser Bänke Platz. Wie rund 350 weitere Gläubige verabschiedete sich die 59-Jährige von Herz Jesu Pesch. Die Kirche schloss nach einem letzten Gottesdienst ihre Pforten. Ihre Zukunft sei noch nicht geklärt, sagte Generalvikar Manfred von Holtum aus Aachen, der die Messe hielt.

„Es ist schon ein komisches Gefühl“, sagte Helene Claßen. Immerhin hat Herz Jesu ihr religiöses Leben geprägt. „Trotzdem habe ich mich schon fast daran gewöhnt, dass Kirchen schließen. Das ist ein Zeichen der Zeit“, erzählte sie resigniert. Den Abschiedsgottesdienst wollte sie nicht verpassen, obwohl sie jetzt in Ohler lebt. „Es war mir wichtig, heute herzukommen“, sagte sie, kurz bevor die Orgel zum ersten Mal einsetzte und der Gemeinschaftschor Volksgarten sein „Kyrie, eleison“ anstimmte.

Während Helene Claßen sehr gefasst war, sammelten sich in Marianne Steckelbrucks Augen schon eine halbe Stunde vor Beginn der Messe Tränen. Sie empfinde „totale Trauer“, sagte die 72-Jährige. „ Das ist doch unsere Kirche, unser Mittelpunkt.“ Und sie könne es nicht begreifen, dass dieses Gotteshaus zumache. Seit 1965 war Marianne Steckelbruck Mitglied von Herz Jesu, seit den 70er Jahren engagierte sie sich im Gemeinderat. „Mit der Schließung hat doch keiner gerechnet“, sagte sie verzweifelt.

Auch Alina Faluta (9) fällt es nicht leicht, Herz Jesu loszulassen. Am vergangenen Sonntag empfing sie in der Kirche die erste heilige Kommunion, und gestern folgte schon die letzte. „Wir waren gar nicht froh darüber, dass die Kirche jetzt wirklich zugemacht wird“, fasste sie die Meinung der Erstkommunionkinder zusammen. Wo ihre Schwester Larissa (7) zur Kommunion gehen wird, ist unklar. „Ich weiß jetzt wirklich nicht, wie es weitergeht“, sagte die Mutter der Mädchen, Sabine Faluta (41).

Am Schluss der Messe verstaute Marianne Steckelbruck „die Schätze“ von Herz Jesu in einer Holzkiste. In den Kirchen St. Josef Hermges und St. Bonifatius Hardterbroich werden Kelch, Marienbild oder Trauerkerze dann eine neue Heimat finden. Auch ein Erinnerungsbuch gehörte zu den Schätzen. Darin verwewigten Gemeindemitglieder ihre Gedanken zur Schließung ihrer Kirche.

Ein Pescher machte hier deutlich seinem Unmut Luft: „Diese Kirche überlebte zwei Weltkriege. Und jetzt fällt sie dem Sparwillen des Bistums zum Opfer. Schämen Sie sich, Herr Bischof und Herr Generalvikar“. Kommentar

(RP)
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