Mönchengladbach Schuld und Sühne - ein echter Krimi

Mönchengladbach · Anna Pircher und Philipp Sommer haben gerade erst ihr Schauspielstudium beendet. Ab Samstag stehen sie als Raskolnikow und Sonja auf der Bühne - er als Mörder, sie als tiefreligiöse Hure.

 Der schuldgetriebene Raskolnikow (Philipp Sommer) sucht Halt bei Sonja (Anna Pircher).

Der schuldgetriebene Raskolnikow (Philipp Sommer) sucht Halt bei Sonja (Anna Pircher).

Foto: Matthias Stutte

Raskolnikow ist ein völlig verarmter Student, ausgehungert, in Lotterkleidung. Aber er ist schlau - und begabt. Und er hält sich für außergewöhnlich, besonders. In seinem Kopf entwickelt sich die Idee vom "erlaubten Mord". Er fühlt sich dazu berufen, unwertes Leben auszulöschen. Kaltblütig erschlägt er die habgierige Pfandleiherin - "die Laus" - und deren schwachsinnige Schwester mit dem Beil. Und dann passiert, womit er nicht gerechnet hat: Sein Gewissen regt sich, er fühlt sich schuldig. Hat Angst, dass er als Mörder überführt wird, aber auch Horror, mit seiner Schuld weiterleben zu müssen. Er ist nicht der Mann ohne Gewissen, ohne Empathie, wie er geglaubt hat. Es klebt Blut an seinen Händen.

"Wir schauen Raskolnikow über die Schulter, erleben seine unerträglichen Seelenqualen, erleben, wie er von der Schuld erdrückt wird, erleben, wie ihn seine Seele am Ende zwingt, sich zu stellen", sagt Schauspieldirektor Matthias Gehrt, der das Bühnenstück "Schuld und Sühne" nach dem Weltroman, den Fjodor Dostojewski 1866 schrieb, für das Theater inszeniert hat. Der Roman erlange seine literarische Qualität, indem Dostojewski gleich mehrere Register ziehe. "Es ist ein philosophischer, ein psychologischer Roman - er bedient exzellent den Krimi, er ist effekthascherisch und auch trivial", sagt Gehrt. Von Anfang an ist der Täter bekannt. "Das ist ein Trick, den Hitchcock oft anwandte."

Der polnische Schriftsteller und Regisseur Andrzej Wajda hat die Vorlage für diese Bühnenfassung geliefert, die den 800-Seiten-Roman mit einer halben Hundertschaft an Personal im Wesentlichen auf die drei Hauptfiguren konzentriert: Raskolnikow, den Mörder, Porfirij, den ermittelnden Staatsanwalt, und Sonja, die tiefreligiöse Prostituierte, bei der Raskolnikow Halt sucht. "Ich habe die Bühnenfassung von Andrzej Wajda in den 80er Jahren gesehen - und war sehr berührt", sagt Matthias Gehrt.

Sonja ist eine zutiefst religiöse Frau, die sich verkaufen muss, um die Familie am Leben halten zu können. Um sich von der Sünde zu befreien, reinigt sie ihren Körper pausenlos in einer alten Zinkwanne. Das hat etwas Manisches, die Ahnung von der tiefen Verzweiflung der jungen Frau ist kaum zu ertragen. Schrecklich. Unvorstellbar.

Die Bühne ist dunkel und nur spärlich möbliert. Gabriele Trinczek hat sie erdacht. Die Seelenqualen des Raskolnikow, seine wachsende Panik, die Ausweglosigkeit seiner Situation wird durch den enger werden Raum auf der Bühne verstärkt. Zunächst fast unmerklich, dann deutlich, schiebt sich eine riesige schwarze Wand immer weiter nach vorne, bis am Ende nur noch ein ein Meter breiter Bühnenstreifen bleibt. Mit der Enge wächst die Not Raskolnikows. Der übrigens von dem jungen Schauspieler Philipp Sommer gespielt wird, der in dieser Rolle sein Debut am hiesigen Theater gibt. Ebenso wie Anna Pircher, die auch soeben ihr Studium an der Schauspielschule abgeschlossen hat. "Es ist eine riesige Chance für die beiden, die sie hervorragend genutzt haben", sagt Matthias Gehrt. "Beide überzeugen mit Bravour." In Krefeld läuft das Bühnenstück bereits seit dem 26. November. Und zwar mit großem Erfolg.

Die Premiere im Theater an der Odenkirchener Straße ist am Samstag, 18. Februar, 19.30 Uhr; Tickets gibt's unter 02166 6151-100 und online auf www.theaterkr-mg.de.

(RP)
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