Mönchengladbach Mitreißendes Ballett - aber mit Längen

Mönchengladbach · Ballettchef Robert North und das Ensemble präsentieren die zweiteilige Choreografie "Lachen und Weinen". Getanzt wird nach Musikstücken und Liedern von Chopin und Schubert. Das Premierenpublikum feiert die Aufführung.

 Elisa Rossignoli als Mädchen und Abine Leao Ka als Tod in einer Szene der Choreografie "Lachen und Weinen". Dazu spielt ein Streichquartett Schuberts "Der Tod und das Mädchen".

Elisa Rossignoli als Mädchen und Abine Leao Ka als Tod in einer Szene der Choreografie "Lachen und Weinen". Dazu spielt ein Streichquartett Schuberts "Der Tod und das Mädchen".

Foto: Matthias Stutte

Weder das Lachen noch das Weinen sind eindeutige Gefühlsausdrücke. Beide können fröhlich, bitter, verzweifelt oder hysterisch sein, es sind Gegensätze, die aber durchaus ineinander übergehen können. Von beiden Gefühlsäußerungen gibt es unzählige Varianten - vom Wimmern bis zum lauten Wehklagen, vom leisen Kichern bis zum Lachanfall. Es sind also zwei große Themen, die Robert North in seinem Ballettabend "Lachen und Weinen" gegenüberstellt. Wobei er sich auf das gleichnamige Lied des Wieners Franz Schubert bezieht.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Tänzer haben das Publikum begeistert, André Parfenov hat es mit seinem Spiel verführt, das Streichquartett erntet viel Applaus und auch Bariton Sebastian Seitz überzeugt voll und ganz. Woran liegt es dann, dass von diesem Ballett-Abend so wenig bleibt?

Im ersten Teil erzählt Robert North mit "Erinnerungen" und "Der Tod und das Mädchen" zwei sehr unterschiedliche Geschichten. Zu Parfenovs Chopin-Interpretation erlebt das Publikum, wie Yasuko Mogi und Takashi Kondo einander mit großer Leichtigkeit in den Erinnerungen eines alten Paares zum ersten Mal begegnen. Als Jungverliebte mit ihren Sprüngen den Boden gar nicht mehr zu berühren scheinen, sich als Paar umgarnen: Das alles ist leicht und prickelnd wie Champagner. Das Publikum lässt sich mitreißen und spendet immer wieder Zwischenapplaus.

Auch Elisa Rossignoli und Abine Leao Ka wissen mit ihrem Können in und als "Der Tod und das Mädchen" das Publikum für sich einzunehmen. Nach den lebensfrohen "Erinnerungen" kommt dieses Duo nun mit brutaler Wucht daher. Das Mädchen entwindet sich immer wieder den Armen des Todes, der sie erneut einfängt. Fast meint man, das Mädchen schluchzen zu hören. Dramatisch, atemberaubend, mitreißend, die Tanzkunst von Leao Ka und Rossignoli geht ans Herz.

Die Wende kommt im zweiten Teil mit der "Schubertiade". Zu den Liedern von Franz Schubert, vorgetragen von Sebastian Seitz, lässt North in seiner Choreografie den Fremden und sein Alter Ego, den Doppelgänger, um ein Liebchen werben. Das fängt stark an, hat anfangs düstere wie heitere Momente - aber irgendwann kommt das Gefühl auf, der Abend wolle nicht mehr enden.

Die Länge ist der Schwachpunkt des Ballettabends "Lachen und Weinen". North führt zu Schuberts Liedern das Publikum in eine immer düster werdende Welt, unterbrochen von den Szenen, die an die Hauskonzerte des Komponisten erinnern. Und hier kommt immer wieder das Gefühl auf, die Choreografien schon bei anderen Abenden von North gesehen zu haben.

Darüber täuschen am Ende nicht die Bravo-Rufe des hausinternen Theater-Fanclubs hinweg. Dass das Publikum nicht mit Applaus geizt, ist dem hohen Niveau der Ballett-Compagnie und der Virtuosität der Musiker zu verdanken. Denn ein großes Plus hat dieser Abend: Das Publikum erlebt nicht nur vollendete Tanzkunst, sondern auch ein großartiges Konzert. Dem gerade gilt der anhaltende Applaus.

(gam)
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