Mönchengladbach Pflegestärkungsgesetz wirft viele Fragen auf

Mönchengladbach · Die Beratungsstelle der Sozial-Holding der Stadt informiert in den Altenheimen über die neuen Pflegegrade - und darüber, welche Fallen das neue System mit sich bringt.

Am 1. Januar 2017 ist die weitreichendste Reform seit der Einführung der Pflegeversicherung in Kraft getreten. Das Pflegestärkungsgesetz II bietet viele Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, aber es wirft auch viele Fragen auf. Fragen, denen sich unter anderem die Experten der Beratungsstelle der Sozial-Holding bei Infoveranstaltungen in den Altenheimen stellen. Ein solcher Infoabend fand jetzt im Altenheim Lürrip statt.

Um es vorwegzusagen: Das neue Gesetz ist in dem Bemühen, Transparenz zu schaffen und möglichst viele Fälle zu berücksichtigen, ausgesprochen komplex und nicht gerade leicht verständlich. Selbst die Experten sehen noch etliche offene Fragen. Zwei Grundsätze jedoch sind wichtig und gut zu merken: Niemand soll durch das neue Gesetz schlechter gestellt werden. Dieser Grundsatz firmiert unter "Bestandsschutz". Der Bestandsschutz - und das ist ebenfalls entscheidend - gilt jedoch nur bis zu einer Neueinstufung durch einen Gutachter. Dessen sollten sich Angehörige und Betreuer bewusst sein. Wird ein Pflegebedürftiger neu eingestuft, kann es auch zu Verschlechterungen kommen. Wie bei dem tragischen Fall, bei dem eine Seniorin, die seit sechs Jahren im Heim lebte, auf Veranlassung ihrer Betreuerin neu eingestuft wurde und damit ihr Anrecht auf einen Heimplatz verlor. Also sollte nur dann der Bestandsschutz durch eine Neueinstufung aufgehoben werden, wenn gesichert ist, dass auch eine Höherstufung erfolgt.

Der zweite Grundsatz des Pflegestärkungsgesetzes lautet nämlich: ambulant vor stationär. Das Leben in der eigenen Wohnung wird durch ambulante Angebote möglichst lange ermöglicht, die Unterbringung im Heim greift nur, wenn die ambulante Unterstützung nicht mehr ausreicht. Gleichzeitig werden die Demenzerkrankungen bei der Einstufung endlich berücksichtigt. "Eingeschränkte Alltagskompetenz" heißt das und führt zu einer ordentlichen Anhebung der Sachleistungen, worunter auch die Dienstleistungen der Pflegedienste fallen. Es gibt zudem ein Anrecht auf Entlastungsleistungen, das bei Pflegegrad Eins 125 Euro beträgt. Dieses Geld kann für Hilfe im Haushalt genauso eingesetzt werden wie für Sportangebote. Wichtig: Es lässt sich ansparen. Bei Bedarf kann dann eine größere Summe verwendet werden. Aus einem anderen Topf wird die Tagespflege bezahlt, also die Möglichkeit, einen pflegebedürftigen Angehörigen stunden- oder tageweise in einer entsprechenden Einrichtung unterzubringen. Das bedeutet Entlastung für die Angehörigen, die sich um die Pflege kümmern.

Detailliert wurde die Begutachtung zur Einstufung in die Pflegegrade geregelt. Sechs Module mit jeweils bis zu zwölf Submodulen werden abgeprüft. Da geht es um Mobilität, Kommunikation, Selbstversorgung oder Alltagsgestaltung. Die Begutachtung dauert daher bis zu zwei Stunden, Angehörige können selbstverständlich dabei sein. Wer detaillierte Informationen über das neue Pflegestärkungsgesetz braucht oder seinen konkreten Fall besprechen möchte, sollte sich an die Beratungsstellen wenden. Die Experten der Sozial-Holding sind gerade sehr gefragt. Sie können auch zu Einzelfällen Auskunft geben.

Das Beratungszentrum in der Königstraße ist unter der Telefonnummer 02161 81196811 erreichbar.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort