Mönchengladbach Schlummert in weiteren elf Straßen Gift?

Mönchengladbach · Das Landeskriminalamt wies auf eine Firma hin, die in der Stadt gearbeitet hat. Sie könnte dabei hochgradig mit Arsen, Antimon und Blei verseuchtes Material verwendet haben. Umwelt-Gutachter sind alarmiert und untersuchen.

Gift-Pflaster: Diese Straßen sind betroffen
Infos

Gift-Pflaster: Diese Straßen sind betroffen

Infos
Foto: Reichartz

Maria Berestova hat keine großen Bedenken, sagt aber auch: "Es ist schon irgendwie gruselig." Die Jugendliche wohnt im Bröseweg, östlich der Eickener Straße. Einem von sieben städtischen Straßenzügen, in denen möglicherweise Schadstoffe im Pflaster-Bettungsmaterial von einem Unternehmen, das nicht in Mönchengladbach ansässig ist, verarbeitet wurden. Die Stadt geht einem Hinweis vom Landeskriminalamt nach und hat das Bielefelder Institut für Umweltanalyse beauftragt, schnellstmöglich Proben zu entnehmen. Mit ersten Laborergebnissen rechnet die Stadt etwa acht Wochen nach der Probeentnahme. Das vollständige Gutachten wird nach etwa vier Monaten erwartet.

Gestern wurden die Anwohner der sieben städtischen Straßenzüge, sowie vier weiterer privater Grundstücke postalisch über den Sachverhalt aufgeklärt. Fabienna Muntoni wohnt mit ihrer vierköpfigen Familie ebenfalls im Bröseweg und sagt, sie lasse ihren vierjährigen Sohn Lian weiter auf der Straße spielen: "Was soll ich mich beunruhigen lassen, bevor etwas feststeht?" Diese Haltung nimmt auch die Stadt ein: "Wir weisen darauf hin, dass es sich zunächst nur um einen Verdacht handelt, den wir allerdings ernst nehmen müssen. Daher wird die Stadt vorsorglich zum Schutz der Anwohner entsprechende Untersuchungen veranlassen", erklärt Umweltdezernent Bernd Kuckels.

Die Experten nennen dies Gefahren-Verdacht. Auslöser sind die Ermittlungen von Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft. Sie haben, nachdem November 2011 in Grevenbroich die ersten mit Schadstoffen belasteten Straßen entdeckt wurden, die Lieferwege von der Quelle zu weiteren im Straßenbau tätigen Unternehmen untersucht. Sie stießen auf eine Firma aus der Region, die an elf Stellen im Stadtgebiet tätig war: Dabei handelt es sich um sieben öffentliche Straßen, in weiteren vier Fällen arbeitete diese Firma auf Privatgrundstücken.

"Selbst wenn die Schadstoffe im Bettungsmaterial verwendet wurden, geht davon erst dann Gefahr aus, wenn die Konzentration entsprechend hoch ist und die Schadstoffe bei Straßenaufbrüchen nach draußen dringen", sagt der städtische Umweltdezernent. Die Stadt habe deshalb die Anwohner sofort informiert. Kuckels: "Alle Straßenaufbrüche, zumal dann, wenn sie etwa bei Wasserrohrbrüchen plötzlich erfolgen, werden der Stadt gar nicht mitgeteilt. Wir wollen kein Risiko eingehen. Und wir wollen auch nicht klammheimlich Proben nehmen, sondern das Problem ganz offen und transparent behandeln."

Die Stadt hat diese Konsequenzen aus den Erfahrungen bei den hochgradig mit Arsen, Antimon und Blei verseuchten Straßen "Süchtelner Straße" und "Klumpenstraße" gezogen. Eine Firma aus Geilenkirchen, die allerdings bei den neuen Verdachtsfällen nicht tätig war, hatte in Neuwerk Bettungsmaterial verwendet, das mit den Giften verseucht war. Nach langem Hin und Her und mehreren Beruhigungsversuchen hatte OB Norbert Bude schließlich die Reißleine gezogen und ihre Komplett-Sanierung angeordnet. Durch ein verkürztes Ausschreibungsverfahren ist sichergestellt, dass man Mitte des Jahres auf die Baustelle gehen kann.

Das Institut für Umweltanalyse aus Bielefeld hat mehrfach für die Stadt gearbeitet — etwa bei der Analyse von verseuchten Spielplätzen als auch bei den Neuwerker Straßen. "Wir haben mit den Gutachtern hervorragende Erfahrungen gemacht", sagt Kuckels. Die Experten beantworten mehrere Fragen: Schlummern die Schadstoffe im Material? Wie hoch ist die Konzentration? Können mögliche Schadstoffe ins Grundwasser gelangen?

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort