Mönchengladbach Versicherer machen die Hagelprobe

Mönchengladbach · Mehrere Unternehmen bündeln derzeit ihre Kräfte in Gladbach, um die Hagelschäden vom Donnerstag letzter Woche zu regulieren. Sammelbesichtigungsstellen und Spezialscanner kommen zum Einsatz. Tausende Pkw sind betroffen.

 Dellen auf der Motorhaube sind überall dort, wo Unregelmäßigkeiten im Streifenmuster zu erkennen sind.

Dellen auf der Motorhaube sind überall dort, wo Unregelmäßigkeiten im Streifenmuster zu erkennen sind.

Foto: Raupold Isabella

Der Wagen fährt in den "Hagelscanner" ein. Das Tor der aus Leichtbauwänden erstellten Kabine schließt sich, und mit sechs Hochleistungs-Projektoren wird ein schwarz-weißes Streifenmuster auf den Lack des Fahrzeugs geworfen. Überall dort, wo das Tiefdruckgebiet "Neele" in der Nacht auf Freitag vergangener Woche Hageldellen hinterlassen hat, bricht sich das Licht und sind Unregelmäßigkeiten im Streifenmuster zu erkennen.

"Kameras nehmen das auf, und nur Minuten später gibt es einen detaillierten Ausdruck mit allen Schäden", sagt Chef-Sachverständiger Frank Decker. In diesem Fall spuckt der Computer sage und schreibe 148 Einschläge mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 26 Millimetern aus. Nach nur 15 Minuten hält der Kunde das fertige Gutachten in der Hand - und kann die Blechschäden gleich nebenan reparieren oder sich den Schaden auszahlen lassen.

In der Halle an der Bonnenbroicher Straße wuselt es nur so von Menschen und Autos. Die Generali-Versicherungsgruppe hat hier seit Mittwoch und noch mindestens bis Ende nächster Woche ihre Kräfte gebündelt, um die Kunden aus der vom Hagelereignis besonders gebeutelten Region zwischen Erkelenz, südlichem Mönchengladbach und Jüchen-Hochneukirch gesammelt betreuen zu können. Sieben Sachverständige sind im Einsatz, spezielle "Karosserie-Kosmetiker" und "Blechmasseure" wurden aus England eingeflogen, um Dellen ohne Lackieren zu entfernen. "Jetzt kommt es darauf an, möglichst schnell Hilfestellung zu geben, denn viele Kunden sind doppelt betroffen - am Auto und am Haus nämlich", sagt Ulrich Rieger, Vorstand der Aachen-Münchener, die wie Generali und Cosmos Direkt zur Generali-Gruppe gehört.

Alleine bei diesen drei Versicherern sind bisher mehr als 2000 Hagel-Schadensfälle gemeldet worden, 1500 sollen in der Halle in Rheydt abgearbeitet werden. 170 waren es in den ersten beiden Tagen, mit durchschnittlichen Schäden in Höhe von 2500 Euro. "Tendenz eher höher", sagt Decker. Auch ein 8000-Euro-Schaden sei schon darunter gewesen: "Da war keine einzige Scheibe mehr intakt." Dabei spart der Einsatz des Hagelscanners, den das Unternehmen Catastrophe Solutions International entwickelte, massiv Zeit - er verringert die Besichtigungszeit pro Fahrzeug von 30 auf ganz wenige Minuten.

 Ulrich Rieger, Vorstand der Versicherung Aachen-Münchener, steht im "Hagelscanner".

Ulrich Rieger, Vorstand der Versicherung Aachen-Münchener, steht im "Hagelscanner".

Foto: Raupold Isabella

Auch andere Kfz-Versicherer konzentrieren sich derzeit auf die Region. "Wir rechnen mit bis zu 2000 beschädigten Autos", sagt beispielsweise Mathias Scheuber, Schadenvorstand der Allianz Versicherungs-AG. Die Allianz hat sich daher ebenfalls für die Einrichtung einer Sammelbesichtigungsstelle und den Einsatz des Hagelscanners entschieden, auch die Württembergische Versicherung ist ab kommender Woche in der Stadt aktiv. Obwohl das Unwetter mit golfballgroßen Körnern nur für kurze Zeit und auf kleinem Gebiet wütete, "hat es für einen Schaden gesorgt, der weit in die Millionen geht", sagt Carsten Pawlik, Sprecher des Bezirks Mittlerer Niederrhein im Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Alleine in seiner Axa-Versicherungsagentur seien in den ersten Tagen knapp 100 Schadensmeldungen eingegangen.

"Das Unwetter vom 23. Juni ist für uns als stadtnahe Vertretung eines der heftigsten Schadensereignisse der letzten zehn Jahre", sagt Pawlik. Durch den Hagel sei etwa das Dach eines Lagerkomplexes völlig zerstört worden, die Glaskuppeln seien regelrecht zerschossen worden: "530.000 Euro wird die Reparatur geschätzt kosten." Und: "Durch das einfließende Wasser wurden die Waren im Lager zerstört. Der Schaden hier beträgt wohl eine Million Euro."

Unwetter nach Hitze in NRW
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Foto: Janina Schüttler

Auch die Reparaturen der verbeulten Autos werden Pawlik zufolge viel kosten: "Bei 2000 Euro sind Sie schnell - und das ist noch ein Schaden im unteren Bereich", sagt er. Manches gebrauchte Auto sei so verbeult, das sich die Ausbesserung gar nicht mehr lohne. Solche Totalschäden habe es auch viele gegeben - und auch Autos, zu denen die Gutachter hinfahren müssen, weil sie vorerst nicht mehr fahrtüchtig sind.

Auch das Hagelschaden-Centrum Douteil hat mit Versicherern zur Besichtigung, Bewertung und Reparatur der Fahrzeugdellen kurzfristig zwei Standorte eingerichtet, im Gewerbepark Rheindahlen sowie an der Giesenkirchener Straße. Auch dabei werden mit Sachverständigen die Schadenhöhe vor Ort ermittelt, die Reparaturkalkulation erstellt sowie die Reparaturfreigabe erteilt.

(RP)
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