Moers 800 Pfeifen für romantischere Klänge

Moers · Fünf Jahre lang stand die Orgel der Moerser Stadtkirche auf einer Baustelle. Nun kümmert sich ein Orgelbau-Unternehmen aus dem Sauerland um die Sanierung. Zusätzliche 800 Pfeifen sollen das Klangregister erweitern.

 In der neu sanierten Stadtkirche wird an der historischen Kirchenorgel gearbeitet.

In der neu sanierten Stadtkirche wird an der historischen Kirchenorgel gearbeitet.

Foto: Dieker Klaus

Hinter der Orgel der evangelischen Moerser Stadtkirche liegt ein kleiner Raum, der selten betreten wird. Hier kann man normalerweise nur den Durchlass für die Glocken sehen: eine große, viereckige Luke im alten, verstaubten Holzboden. Doch drei Wochen nach der Neueröffnung der Stadtkirche ist das anders: Überall stehen und liegen Orgelpfeifen in verschiedenen Größen. Aus Metall oder Holz, an die Wand gelehnt oder in Regalen festgeklebt. Wo die Pfeifen gelagert werden, hängt von der Größe ihres Klangstückes ab. Dabei gehen die Größen ziemlich auseinander: Vonzwei Zentimetern bis 4,80 Meter ist alles dabei. Doch warum wurde anscheinend die gesamte Orgel in ihre Einzelteile zerlegt?

Nach der fünfjährigen Sanierung der Moerser Stadtkirche steht nun ein weiteres Projekt an, das voraussichtlich nicht vor Weihnachten 2016 abgeschlossen sein wird: Die Orgel wird generalüberholt, intoniert und erweitert. Dazu mussten alle 2300 vorhandenen Pfeifen ausgebaut werden. Das Unternehmen "Oppel Orgelbau" aus Schmallenberg im Sauerland übernimmt das Projekt unter der Leitung von Orgelbaumeister Stephan Oppel, der seit 1989 in diesem Bereich arbeitet.

 Orgelbauer Christoph Meier putzt das Innenleben eines Pfeifentrichters. Links daneben: Das obligatorische Regal aus Holzpaletten für die Orgelpfeifen aus Metall. Vor allem die kleineren Pfeifen, dessen Klangstück bloß zwei Zentimeter betragen kann, sind mit Klebeband an das Holz fixiert.

Orgelbauer Christoph Meier putzt das Innenleben eines Pfeifentrichters. Links daneben: Das obligatorische Regal aus Holzpaletten für die Orgelpfeifen aus Metall. Vor allem die kleineren Pfeifen, dessen Klangstück bloß zwei Zentimeter betragen kann, sind mit Klebeband an das Holz fixiert.

Foto: Klaus Dieker

Die Orgel war von den Sanierungsarbeiten stark in Mitleidenschaft gezogen worden. "Durch Staub, Erschütterungen und wechselnde klimatische Bedingungen ist es notwendig geworden, dass das Instrument generalgereinigt und neu instandgesetzt wird", erläutert Kantor Axel Berchem. Zu seiner großen Freude sind das jedoch nicht die einzigen Arbeiten, die an der Orgel vorgenommen werden. "Zusätzlich wird das Instrument mit zirka 800 Pfeifen alter englischer Orgeln erweitert. So kann es dann eine satte Grundtönigkeit erzeugen", berichtet Berchem, der seit 1970 Kirchenmusik praktiziert. Grundtöne sind die dunklen Töne einer Orgel, die von besonders langen Pfeifen erzeugt werden. "Je länger das klingende Ende einer Orgelpfeife ist, desto tiefer ist der Ton", erklärt er.

Die Idee zur Erweiterung des Instruments kam von Stephan Oppel, dessen Firma diese Bestandteile englischer Orgeln aus viktorianischer Zeit vorrätig hat. "Herr Oppel hat uns ein Angebot gemacht, das zwar preislich höher lag, als wir eingeplant hatten, das aber vor allem unsere Kirchenmusik fördert. Deshalb entschied sich das Presbyterium für die Erweiterung", sagt Berchem. Die Kosten für die Arbeiten liegen bei 260.000 Euro. Der Verein der Orgelfreunde an der Moerser Stadtkirche, kurz VOMS, wird einen Teil mit finanzieren. Geplant waren ursprünglich 140.000 Euro. Das Angebot hatte aber nicht den Umfang des Angebots, das die Firma Oppel gemacht hatte.

Wann die Arbeiten an der Kirchenorgel beendet sein werden, steht noch nicht fest. "Das Projekt ist sehr aufwendig und umfasst ein breites Spektrum. Bevor wir mit der Intonierung beginnen können, muss die technische Vorarbeit geleistet werden. Dazu zählt, dass wir die Sicherheitsstandards der elektrischen Anlagen anpassen und Verschleißteile erneuern", sagt Oppel. "2300 Pfeifen müssen anschließend intoniert werden - das kann vier Monate dauern." Bei der Intonierung wird dafür gesorgt, dass die Luft wieder so durch die kleine Öffnung oder auch Kernspalte einer Pfeife strömen kann, dass der Ton lauter und qualitativ besser wird. Dazu wird die Stimmrolle, die sich an der Kernspalte befindet, wieder nach oben gezogen. So kann ein tieferer Ton erzeugt werden. Würde man sie erneut einrollen, wäre der Ton wieder höher. "Das ist eine Arbeit, die mit sehr kleinen Hämmern und viel Feingefühl durchgeführt werden muss", sagt Christoph Meier, Orgelbauer bei der Firma Oppel. "Die Arbeit eines Orgelbauers benötigt vor allem Zeit", fügt Stephan Oppel hinzu. "Sonst können bei der Intonierung Flüchtigkeitsfehler auftreten. Das wollen wir unbedingt vermeiden."

Aufgrund der Orgelrestaurierung kann es vorkommen, dass die Kirche zeitweise geschlossen bleibt. Dafür dürfen sich die Gottesdienstbesucher nach Abschluss der Arbeiten auf ein neues Orgel-Repertoire mit satten, romantischen Klängen freuen.

(RP)
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