Nettetal Buchmesse bleibt Orientierungsanker

Nettetal · Der Lobbericher Buchhändler Fabian Matussek über die Notwendigkeit eines Besuchs der Frankfurter Buchmesse, über sein Verhältnis als Geschäftsmann zum Internet und über veränderte Gewohnheiten in seiner Branche.

 Das Gastland der Buchmesse, Finnland, hat Fabian Matussek in seiner Buchhandlung abgebildet.

Das Gastland der Buchmesse, Finnland, hat Fabian Matussek in seiner Buchhandlung abgebildet.

Foto: Busch

Den größten Eindruck der Frankfurter Buchmesse 2014 hat Jaron Lanier bei Fabian Matussek hinterlassen. Der Lobbericher Buchhändler spricht gerade zu enthusiastisch von Laniers Rede in der Paulskirche. Er hat sie im Fernsehen verfolgt und später "noch zweimal gelesen". Der amerikanische Informatiker, Musiker und Schriftsteller gilt als ein Pionier des Internets und übte in Frankfurt nachdrückliche Kritik an Auswüchsen dieses Mediums.

Matussek begegnet dem Internet unbefangen. Es ist nicht sein Feind, und E-Commerce, die Geschäftsabwicklung mit Hilfe digitaler Technik, ist schon lange ein Standbein seines Geschäfts. Nur wahrgenommen wird es nicht in dem Maße, wie andere Plattformen mit Buchsortimenten. Matussek stößt sich an Geschäftspraktiken globaler Player, die mit ihrer Strategie der Gewinnmaximierung die Vielfalt des Handels zunehmend gefährden und für manchen Verlag zur existenziellen Bedrohung werden. So geraten kleine Verlage, die mit sehr viel Aufwand eine hohe Qualität produzieren zunehmend ins Abseits. Große Verlage, die sich widersetzen, müssen damit rechnen, dass ihr Sortiment komplett gestrichen wird.

Solche Auswüchse, die Gefahr monopolistischer Marktbeherrschung und eine schleichende inhaltliche Verarmung, klangen in Laniers Rede an. Das erfüllt Matussek mit Genugtuung. Das ändert aber die Wirklichkeit nicht. Den Buchhändler ärgert, wenn Lehrer an Schulen in der Stadt Buchlisten gleich mit der Internetadresse vom Amazon ausgeben. Das sei ein extrem schlechter Dienst an örtlichen Geschäften, stellt Matussek bedauernd fest. "Wir ermöglichen beispielsweise Schülern Praktika hier im Geschäft, wir unterstützen aktiv das Bildungsprogramm der Stadt, wir räumen Rabatte ein, und wir öffnen zusätzlich die Ladentür, um Schülern Einblicke in unseren Beruf zu geben."

Mit seiner Buchhandlung hat Fabian Matussek die Herausforderung des Internets angenommen. Er setzt auf Nähe, auf Beratungsqualität und vor allem auf schnelle Lieferung. "Mit der Geschwindigkeit haben wir begonnen, ehe es Internethandel gab. Vielleicht haben wir uns einiges selbst zuzuschreiben", meint er nachdenklich. Kurios ist in der Tat, dass der Satz der Buchhändler "Heute bestellt und morgen da" wirklich gilt. Großversender benötigen mehrere Tage für eine Lieferung - es sei denn, man zahlt einen Aufpreis, den der Buchhandel nicht verlangt und dennoch schneller ist. Da wird's für Matussek irrational.

Die Buchmesse bleibt für ihn der Dreh- und Angelpunkt der Branche. "Wir frischen Kontakte zu Verlagen, Vertretern, Autoren und Kollegen auf oder knüpfen neue. Ich genieße die Lesungen und qualitativ hochstehenden Diskussionen, und ich schätze die Chance, über die Literatur des jeweiligen Gastlandes - in diesem Jahr Finnland - mehr zu erfahren", sagt er. Allerdings besucht er nicht mehr jedes Jahr die Buchmesse. "Das war früher anders, es gibt heute eben zusätzliche Informationskanäle. Aber missen kann keiner in der Branche die Messe. Man muss immer wieder hinfahren." Dass sie zeitweilig auch mit Party und Eventspektakel daherkommt, nimmt er gelassen hin. "So ist die Zeit, so werden Bücher heute auch beworben."

Wie lange es "das Buch" noch geben wird? Matussek zuckt die Achseln. "Alles ist im Wandel, manches verändert sich rasant. Lexika gibt es heute nicht mehr auf dem Markt, sie waren früher ein einträgliches Geschäft", berichtet er. Ob allerdings die E-Books noch einen Siegeszug vor sich haben, bezweifelt er. Der Marktanteil verharre bei vier Prozent. Der Buchhändler darauf, dass die jüngere Generation auch künftig gerne in Buch zwischen den Händen hält, um es zu lesen. Wichtig ist ihm, dass das breite Verlagsspektrum erhalten bleibt und nicht im Mainstream des Massenangebots untergeht. Beides habe seine Existenzberechtigung, aber der kleinteilige Buchhandel habe ein großes Interesse daran, diese Vielfalt zu pflegen und den lesenden Kunden zu vermitteln. "Wir können das", sagt Matussek selbstbewusst.

www.buchhandlung-matussek.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort