Nettetal "Lobberich ist liebenswert"

Nettetal · Appell einer Geschäftsfrau beim letzten Stadtteilforum Lobberich/Hinsbeck. Im Bergdorf wird bezweifelt, dass eine Marktverschönerung ohne Verkehrsumleitung gelingen kann. Alternativen zur Ortsdurchfahrt werden jetzt geprüft.

 Dieser Blick auf ein Wahrzeichen industrieller Vergangenheit ist ab heute Geschichte. Der Niedieck-Schornstein wird abgerissen, das Gelände neu bebaut.

Dieser Blick auf ein Wahrzeichen industrieller Vergangenheit ist ab heute Geschichte. Der Niedieck-Schornstein wird abgerissen, das Gelände neu bebaut.

Foto: Busch

Gerade noch war von der "Flickschusterei bei der Planung der Lobbericher Innenstadt" die Rede gewesen, als Maria Müller zu einer vehementen Verteidigung ihres Stadtteils ansetzte. Der Geschäftsfrau von der Hochstraße, der einst ein Haushaltswaren-Geschäft gehörte, jetzt eines für Geschenkartikel, missfällt die ständige Nörgelei der Lobbericher an ihrer Stadt: "Fremde kommen gerne und loben uns. Nur der Lobbericher kritisiert überall und fährt dann in die Nachbarstädte." Sie fügte mit Bestimmtheit an: "Unser Ort ist liebenswert."

Weisbrich sieht Einzelhandel durch Venlo, Krefeld und Gladbach bedroht

Das war das Stichwort für den früheren Stadtdirektor Christian Weisbrich, der als Vorsitzender des finanziell gut situierten Verkehrs- und Verschönerungsvereins (VVV) immer noch ein gewichtiges Wort bei der Stadtgestaltung mitspricht. "Wir müssen den Blick nach vorn werfen und gemeinsam handeln", sagte er mit Hinweis auf den erfolgreichen Lobbericher Einzelhandel. Aus dem 40-prozentigen Kaufkraftabfluss der 1970er-Jahre sei ein Zufluss geworden. "Den gilt es zu verteidigen gegen den Aufbau großer Einzelhandelskapazitäten in Venlo, Krefeld und Mönchengladbach."

Den Ausbau des alten Marktplatzes (mit VVV-Hilfe) und der Fußgängerzone sowie die Umwandlung des Hölter/Longlife-Geländes in das Einkaufszentrum Ludbach-Passage hatte Bürgermeister Christian Wagner zu Beginn des Stadtteilforums als "Neustart für Lobberich" bezeichnet. Der Ort hat mit dem Verlust der großen Industriebetriebe Niedieck, Longlife und Pierburg (Ende 2014) zu kämpfen. Im Bereich Longlife/Niedieck sollen im nächsten Jahrzehnt knapp 700 Menschen eine neue Bleibe finden, damit auch sie den "Wohnort mit Zentrumsfunktion für Nettetal" sichern. Allerdings wird auch die Sicherung von Arbeitsplätzen entlang der van-der-Upwich-Straße (ehemals Niedieck-Gelände) und Pierburg als "sehr wichtig" angesehen, unterstrich Regionalplaner Professor Kunibert Wachten.

Barrierefreies Wohnen im Hertie-Bau?

Was mit dem Hertie-Bau geschieht, steht weiter in den Sternen. Sollte sich keine Einzelhandelsnutzung mehr ergeben, sollte dort innenstadtnah barrierefreies Wohnen ermöglicht werden, sagte der Bürgermeister auf eine Anfrage hin. Der Ingenhovenpark soll nach den Vorstellungen der Technischen Beigeordneten Susanne Fritzsche mehr in das Ortsgeschehen einbezogen werden: weiterer Zugang, verbesserte Grün- und Wegegestaltung, dezente Beleuchtung der Wege.

Damit Hinsbeck als "staatlich anerkannter Erholungsort und attraktiver Wohnort" sein touristisches Potenzial besser nutzen kann, soll der Zugang zu den Seen verbessert werden. Es sollten am alten Strandbad Hinsbecker Bruch und an der Jugendherberge Kioske und gastronomische Angebote entstehen. Dies haben Wachten und sein Team aus den Bürgeranhörungen herausgefiltert. An der Jugendherberge ist ein Standort für Wohnmobile denkbar, der Wanderparkplatz auf den Höhen könnte auch zeitweilig Standort eines Veranstaltungszeltes sein, sind weitere Ideen.

"Wohnen mit Pferden" nicht mehr Ziel der Stadtplaner

Mit Sitzbänken, Grün, Außengastronomie und einem Brunnen will die Beigeordnete Fritzsche die Aufenthaltsqualität auf dem Marktplatz erhöhen. "Da kann sich nicht viel ändern, wenn die Verkehrssituation nicht verändert wird", lautete eine skeptische Stimme. Denn weiterhin bewegt sich der Durchgangsverkehr über Hauptstraße, Markt und Wankumer Straße. Zur Reduzierung dieses Autostroms soll ein Prüfauftrag erteilt werden.

Zum für Nettetal wichtigen Bevölkerungswachstum bis 2030 um 2000 Personen soll Hinsbeck 250 beisteuern. Ein mögliches Baugebiet westlich der Wankumer Straße gefällt den Hinsbeckern nicht, wohl aber das Gelände der auslaufenden Gärtnerei Klaus Bongartz südlich der Grefrather Straße. Das solle ziemlich schnell angepackt werden, versicherte Fritzsche. Erleichtert sind etliche Hinsbecker, dass "Wohnen mit Pferden" in Hombergen nicht mehr zu den Zielen der Stadtplanung gehört.

Von den Ergebnissen des Planungsprozesses war Christian Weisbrich sehr beeindruckt. Er hofft, dass die Bürger auch an der Umsetzung beteiligt werden.

(mme)
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