Nettetal Poloczek und wie er die Welt sieht

Nettetal · Cartoonist André Poloczek zeigt in Lobberich eine Auswahl seiner Arbeiten. Er lässt Beobachtungen des Alltags einfließen, hinterfragt Doppelmoral und überrascht immer wieder mit Unerwartetem. Da ist gute Laune garantiert.

Wenn an den Wänden im Rathaus in Lobberich Cartoons hängen und der Bürgermeister deswegen lachen muss, dann sind das politische Cartoons. So sah es wenigstens André Poloczek mit einem verschmitzt hintergründigen Lächeln. Denn zuvor hatte Bürgermeister Christian Wagner gestanden, sich bei der Auseinandersetzung mit Poloczeks Arbeiten "köstlich amüsiert" zu haben. Es mache Spaß, sich einzulassen und nach dem ersten auch den zweiten Blick zu wagen, empfahl Wagner eine Entdeckungsreise in Poloczeks Sicht der Dinge. Die Besucher goutierten ebenso das pointierte Zusammentreffen von Bild und Text in den Sprechblasen. Immer wieder war ein Lachen zu hören und oft auch ein Erstaunen, wenn sich Hintergründe von Pointen erschlossen.

Der in Wuppertal lebende Poloczek, der mit "Polo" signiert, hat die Gabe, zutreffend, witzig und dabei auch doppelsinnig zu gestalten. Er lässt Beobachtungen des Alltags einfließen, hinterfragt Doppelmoral und überrascht immer wieder mit dem Unerwarteten. Ein Bild in Tusche und Aquarell zeigt Badetouristen auf einem Müllberg mit Blick auf drei rauchende Schornsteine. "Im Prospekt war aber nur ein Schornstein abgebildet", lautet die launische Textzeile. An anderer Stelle zeigt der Cartoonist einen muskelbepackten Surfer heutiger Zeit, der den alten Noah auf der Arche fragt: "Du meinst also, es wird richtig geil?", während bereits Blitze den regenschweren Himmel durchzucken. Gleich nebenan ist der Plausch zweier joggender Katzendamen zu sehen. Die eine klagt über einen tierischen Muskelkater, die andere fragt daraufhin: "Hast du dir seinen Namen geben lassen?".

Katzen scheinen es dem Cartoonisten überhaupt angetan zu haben. Sie sind des Öfteren Thema in der großen Bandbreite, zu der das Spiel mit Wortdeutungen und Assoziationen gehört. "Der Sack vom Ruck" in Anspielung auf den Ruck, der durch Deutschland gehen sollte, kommt als Rucksack mit großen Füßen in Sandalen daher. Am antiken, von einer Kunsttouristin bestaunten Mosaik entfaltet Poloczek beispielhaft Jugendkultur. "Boah, krass verpixelt", lässt er einen Junior in Schlabberhose denken.

"Es lauert ein Feuerwerk der guten Laune", versprach der Dortmunder Cartoonist Ari Plikat, der die Ausstellung zuvor bestritten hatte und nun den Kollegen vorstellte. Gute Laune ist tatsächlich garantiert. Ebenso versteht es Poloczek, mit spitzer Satire zu sticheln, wenn er zum Beispiel einen seiner Protagonisten vom unsozialen Jahr bei einer bekannten Bank erzählen lässt. 1992 gab Poloczek seinen ersten Cartoonband heraus, weitere Bände folgten. Seine Arbeiten sind erschienen in Eulenspiegel, Frankfurter Rundschau, Pardon, Spiegel, Stern und anderen Printmedien mehr. Ein Blick in das jüngste Buch "Prost - Das Buch zum Bier", das in diesen Tagen erscheint, war bei der Ausstellungseröffnung erlaubt. "Das deutsche Reinheitsgebot zum Bier wird 500 Jahre alt. Da wollte und konnte ich nicht anders, als mit einem Band zum Thema Bier zu reagieren", bekannte der Cartoonist. Zu seiner Themenwahl sagte Poloczek, der seit 2015 Dozent für Karikatur an der Junior-Uni Wuppertal ist: "Was den Menschen bewegt, ist auf meiner Cartoonliste."

(anw)
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