Napp-Nachfolge in Neuss Analyse: In der CDU tobt ein Vierkampf

Neuss · Bürgermeister Herbert Napp hört 2015 auf. Die CDU sucht einen Nachfolge-Kandidaten. Es tobt ein Vierkampf in der Partei.

 Herbert Napp zieht sich 2015 aus dem Rathaus zurück. In der CDU tobt ein Vierkampf um seine Nachfolge.

Herbert Napp zieht sich 2015 aus dem Rathaus zurück. In der CDU tobt ein Vierkampf um seine Nachfolge.

Foto: Berns, Lothar

Jetzt soll es also Thomas Nickel richten, der Senior unter den denkbaren Bürgermeister-Kandidaten der Neusser CDU. Jedenfalls ist der 67-Jährige so etwas wie der "favorisierte Kandidat", denn er erklärte sich nach Aufforderung durch den Parteivorsitzenden. Damit ist klar: Geerlings und Nickel haben sich abgestimmt. Das belegt auch Nickels Aussage, er wäre nicht angetreten, wenn Jörg Geerlings (42) nach dem Bürgermeister-Sessel gegriffen hätte. Geerlings wird intern ein faires Verfahren garantieren. Er weiß aber, dass er den CDU-Kandidaten bei der Wahl am 13. September 2015 durchbringen muss. Darum wird Geerlings auf den Bewerber setzen, der in seinen Augen die besten Chancen hat, Reiner Breuer (45) von der SPD zu besiegen.

Mit seinem Verzicht auf die Bürgermeister-Wahl hat sich Jörg Geerlings wieder handlungsfähig gemacht. Das ist souverän. Das ist klug, denn er hätte bei aller Kritik gute Chancen gehabt, von der CDU aufgestellt zu werden. Daher verdient seine Entscheidung Respekt. Mit der Ankündigung, 2017 erneut für den Landtag kandidieren zu wollen, hat Geerlings Verantwortung für die schmerzhafte Niederlage von Mai 2012 übernommen. Nur Geerlings selbst kann sich helfen, das Image des Verlierers abzulegen. Er muss für die CDU das Direktmandat zurückgewinnen. Geerlings hat den Kampf aufgenommen. Das war überfällig, aber es ist nach wie vor richtig. Geerlings hat jetzt rational entschieden. Das hätte er auch schon vor eineinhalb Jahren haben können. Manches wäre ihm erspart geblieben.

 Thomas Nickel (l.) will neuer Rathaus-Chef werden. Jörg Gerlings möchte in den Landtag.

Thomas Nickel (l.) will neuer Rathaus-Chef werden. Jörg Gerlings möchte in den Landtag.

Foto: woi

Dass Geerlings und Nickel erneut Doppelpass spielen, überrascht nicht. Bereits 2009 hatte das funktioniert. Gemeinsam räumten sie - unterstützt vom späteren Chef der Ratsfraktion, Karl Heinz Baum - den Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden Heinz Sahnen ab. Der Weg für Geerlings zur MdL-Kandidatur war ebenso frei wie der Weg von Nickel zum Ersten Stellvertretenden Bürgermeister.

Jetzt will Thomas Nickel Rathaus-Chef werden. Sollte er sich durchsetzen, wäre er bei Amtsantritt 68 Jahre alt. Nur ein Jahr jünger als der ausscheidende Herbert Napp. Ein Generationswechsel sieht anders aus. Aber andersrum formuliert: Alter schützt vor Klasse nicht. Dass Thomas Nickel Bürgermeister kann, bezweifelt niemand ernsthaft. Was er macht, macht er gut. Er ist aber auch ein Beleg dafür, dass die Neusser CDU qualitativ bei den 40- und 50-Jährigen nur mäßig besetzt ist. Auch wurde es versäumt, rechtzeitig vorzufühlen, ob externe Bewerber sich für einen Wechsel nach Neuss gewinnen lassen. Ein Gespräch mit Johannes Geismann, heute beamteter Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, wäre vielleicht lohnenswert gewesen.

Vorbei. Wäre Thomas Nickel also eine Notlösung? Nein, dafür ist er zu gut. Er kann führen. Das hat er in der Politik, aber auch als Schützenpräsident bewiesen. Auch als Direktor der Ergo-Versicherung war er so überzeugend, dass er zwei Jahre über das 65. Lebensjahr hinweg verpflichtet wurde. Aber ein 67-Jähriger kann nur ein Brückenkandidat sein. Darum wird die CDU, wenn sie sich für Thomas Nickel entscheidet, ihrem Senior eine Mannschaft zur Seite stellen müssen, die jung, kompetent, zukunftsweisend und in Teilen auch weiblich ist. Jürgen Steinmetz hätte in so ein Team sehr gut gepasst. Doch den Allgemeinen Vertreter des Landrats hat die Neusser CDU kampflos zur IHK ziehen lassen. Mit Thomas Nickel als Bürgermeister-Kandidat könnte Jörg Geerlings gut leben. Wenn der dann 2020 in den Ruhestand wechseln würde, wäre Geerlings 48 Jahre alt - jung genug für einen Rathaus-Chef.

Aber das ist alles Zukunftsmusik. Die Realität ist: Die CDU hat jetzt vier interne Bewerber. Mag Thomas Nickel der bekannteste sein, so wird sein Weg zur Kandidatur kein Selbstläufer werden. Dafür sind die Mitbewerber, insbesondere Helga Koenemann (60), zu stark. Nickel vs. Koenemann - da treffen die Protagonisten zweier unterschiedlicher Gesellschaftsentwürfe aufeinander. Hier die bürgerliche Autorität des in sich ruhenden Neuss, dort die unkonventionelle, couragierte Power-Frau. Koenemann wird, ebenso wie Kreistagsabgeordneter Klaus Goder (56) und der Ratsherr Sebastian Rosen (40) nicht klein beigeben, nur weil jetzt ein Thomas Nickel in den Ring gestiegen ist. Im Gegenteil. Sie werden den Nachweis führen wollen, dass sie eine echte Alternative sind. Jünger ist das Trio allemal. Aber Jugend allein ist noch keine Leistung. Es bleibt spannend - vor allem in der CDU.

(NGZ)
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