Neuss Debatte über Zukunft der Gemeinden

Neuss · Beim Augustinus-Forum diskutierten Experten über den Status quo der Gemeinden - und wie Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden. Die Debatte reichte weit über Themen wie den Mangel an Priestern hinaus.

 Sie diskutierten beim Augustinus-Forum (v.l.): Cornel Hüsch, Petra Dierkes, Wolfgang Reuter, Matthias Sellmann, Schwester Praxedis, Michael Schlagheck, Johannes Frank und Berthold Bonekamp.

Sie diskutierten beim Augustinus-Forum (v.l.): Cornel Hüsch, Petra Dierkes, Wolfgang Reuter, Matthias Sellmann, Schwester Praxedis, Michael Schlagheck, Johannes Frank und Berthold Bonekamp.

Foto: Lothar Berns

"Welche Zukunft haben die Gemeinden?", lautete das Thema des Augustinus-Forums am Montagabend in der Mehrzweckhalle des St. Alexius-/St. Josef-Krankenhauses. Moderator Joachim Frank, Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten und Chefkorrespondent der DuMont-Mediengruppe, sah in der Themenstellung eine positive Botschaft: "Die Gemeinden haben eine Zukunft, sonst würden wir nicht danach fragen, um welche Zukunft es geht."

Zuvor hatte Berthold Bonekamp, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung der Neusser Augustinerinnen, besorgniserregende Zahlen genannt. "Von 2000 bis jetzt ist die Zahl der Priesterweihen um 50 Prozent zurückgegangen", sagte er. Michael Schlagheck, Leiter des Augustinus-Forums, gab zu bedenken: "Die Zusammenlegung zu Großgemeinden erscheint als Verlust, als eine Abbruchbewegung." Petra Dierkes, Leiterin der Hauptabteilung Seelsorge im Erzbischöflichen Generalvikariat in Köln, erkennt eher eine Aufbruchstimmung. "Zukünftig wird die Kirche verstärkt auf Laien setzen müssen." - "Wir sind es satt, ständig über Mangel zu diskutieren", erklärte Cornel Hüsch - der Neusser Rechtsanwalt ist seit drei Jahrzehnten im Bereich der katholischen Laienvertretung aktiv. Sein Credo: "Nicht da, wo ein Priester ist, ist Gemeinde, sondern da, wo Christen sich auf den Weg zu Gott machen." Laien müssten sich nicht als Nothelfer, sondern als Gleichberechtigte sehen.

"Ich kann diesen Optimismus überhaupt nicht teilen", sagte Matthias Sellmann, Professor für Pastoraltheologie. Er sieht die Ursache allen Übels nicht im Priestermangel, sondern darin, dass zunehmend Menschen von der Kirche nicht mehr überzeugt werden können. Seine Forderung: "Wir müssen uns an säkularen Kennziffern orientieren. Ich will auch in der Gemeinde Qualität erleben."

Wolfgang Reuter, Priester und Professor für Pastoralpsychologie beklagte, dass die Kirche sich auf der Suche nach Lösungen zurückhalte. Es gehe darum, das Miteinander zu gestalten und loszukommen von der "leidigen Debatte über Priestermangel". Sellmann möchte, dass der Begriff "Gemeinde" weiter gefasst wird: "Eine Kindertagesstätte ist selber Gemeinde, ein Brennpunkt von Diakonie, Ort der Verkündigung, Liturgie und Gemeinschaft." Hüsch regte an, Priester von Aufgaben zu befreien, die auch andere erledigen können. Reuter sieht im Umbruch eine Chance, "so bitter es auch ist, wenn Kirchen umgewidmet oder abgerissen werden". Gemeinde dürfe nicht mehr als "Harmonielieferant" verstanden werden. Petra Dierkes mahnte: "Wir müssen das Vertraute verlassen." Neben Priestern fehle es auch an Personal für die pastoralen Dienste, es fehlen Chorleiter und Kirchenmusiker. Ihr Tipp: "Wir sollten alle wach werden und nicht auf den Bus voller Priester warten." Sellmann fordert: "Das Volk Gottes muss sich selbst organisieren." Hüsch erkannte sofortigen Handlungsbedarf. Man müsse eine Sprache sprechen, die alle Menschen erreicht.

(NGZ)
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