Neuss Die Schönheit des Aluminiums

Neuss · Die Fotografin Susanne Dobler reist für ihre Arbeit durch Alu-Hütten in ganz Deutschland. Fünf ihrer großformatigen Werke sind derzeit im Büro des Neusser Bürgermeisters und einem Sitzungsraum zu sehen.

 Die Fotografin Susanne Dobler und Bürgermeister Reiner Breuer vor einem der großformatigen Werke der Künstlerin.

Die Fotografin Susanne Dobler und Bürgermeister Reiner Breuer vor einem der großformatigen Werke der Künstlerin.

Foto: Peter Fischer

Es ist der Kindheitsort, der beide verbindet. Susanne Dobler und Reiner Breuer sind in Norf aufgewachsen. Aus ihr wurde eine Fotografin, die sich auch in der Modewelt einen Namen gemacht hat, aus ihm der Bürgermeister von Neuss. Der Ort ihrer Kindheit brachte sie für eine Ausstellung zusammen, die nicht nur an einem ungewöhnlichen Ort läuft, sondern deren Exponate auch an ungewöhnlichen Orten gemacht wurden - sie hängen im Bürgermeisterbüro und sind in Aluminium-Werken in ganz Deutschland entstanden. "Projekt 13" hat Susanne Dobler ihre Fotoarbeiten genannt, die allesamt Aluminium zum Thema haben.

"Die Schönheit des Materials" darzustellen ist ihr Ziel. "Farben, Formen, Reflexionen - in dem Material ist so viel zu sehen", sagt sie, und nur selten hat sie am Computer nachgearbeitet, höchstens mal ein bisschen experimentiert. Dass der Bürgermeister seine Schreibtischarbeit nun vor einem großformatigen Bild mit dem Titel "Traumtänzer" verrichtet, hat was. Aber gleich gegenüber hängt ja der "Herr der Ringe". Man könnte auch sagen: "Dosenproduktion bei Boll", erklärt Dobler lachend, denn das sind diese Ringe eigentlich: ein Haufen Aluminiumdosen in der Firma Boll in Höchst im Odenwald.

Die Bilder sind zu Breuer gekommen, weil er sich zwei Dinge überlegt hat. Die Sitzgruppe für die Besucher hat er von seinem Vorgänger Herbert Napp übernommen, aber bei der Kunst an der Wand wollte er einen eigenen Akzent setzen. Galerieschienen hat er montieren lassen, denn er wollte die Räume öffnen für zeitgenössische Neusser Künstler. Jeweils ein halbes Jahr lang, so plant Breuer, soll ein Neusser Künstler seine Arbeiten in seinem Büro und im angrenzenden Sitzungsraum, der nach Constantin Coenen benannt ist, hängen können. "Ich bekomme viel Besuch", sagt er und meint damit: Das ist doch eine gute Werbung.

Susanne Doblers Aluminium-Fotos hat er wiederentdeckt, die Fotografin selbst kannte er schon länger (sie hat unter anderem die Fotos für die Wahlkampagne 2015 gemacht), und nach einer Besichtigung war klar, dass sie mit ihrem "Projekt 13" den Anfang machen würde. Gemeinsam haben sie an einem Samstag die recht schweren Arbeiten gehängt.

Nicht zuletzt die Nähe zu Alu Norf hat Breuer für die Bilder eingenommen. Und für Susanne Dobler war es gerade dieses emotionale Band, das sie als Fotografin an Aluminium herangeführt hat. Ihr inzwischen verstorbener Vater hat bei Alu Norf gearbeitet:. "Wir hatten immer Aluminium zu Hause", erzählt sie, "als Kind habe ich damit gespielt, kleine Tiere daraus geformt." Aber bis sie in dem Stoff die Kunst sah, sollte noch ein wenig Zeit vergehen. Dobler machte eine Ausbildung als Fotografin bei Horst Wackerbarth, lernte Modefotografie und begleitete etwa Jörg Immendorf auf einer China-Reise und porträtierte ihn. Seit 2001 ist sie selbstständig, wurde immer wieder für Projekte verpflichtet und entdeckte bei einem im Duisburger Hafen - "das muss 2005 gewesen sein" - das Material ihrer Kindheit neu, seine künstlerischen Möglichkeiten dann über die nähere Beschäftigung.

30 Arbeiten sind seitdem entstanden, von denen fünf im Rathaus gezeigt werden. Dafür ist sie viel rumgereist, hat etliche Aluminium-Unternehmen besucht und mit der Kamera auch schon kopfüber über einen Bottich mit flüssigem Aluminium gehangen. "Ein Lebensprojekt" nennt die Fotografin ihre Fixierung auf Aluminium, denn sie selbst sieht darin so viel, aber freut sich, wenn ein Betrachter etwas ganz anderes sieht. Denn das ist ihrer Meinung nach das, was Aluminium ausmacht: "Jeder kann in seiner Oberfläche Figuren, Formen, Farbspiele oder etwas ganz anderes entdecken." Fast ein bisschen verschämt klingt es, wenn sie sagt: "Ich habe manchmal das Gefühl, das Material spricht mit mir." Mittlerweile arbeitet sie sogar an einer eigenen Modekollektion, weil sie festgestellt hat, dass sich die Alu-Motive auch für den Stoffdruck sehr gut eignen - inspiriert natürlich von den eigenen Fotarbeiten.

Das "Projekt 13" wird auch in Zukunft ihr wichtigstes bleiben - die 13 steht übrigens für das Element Aluminium im Periodensystem. "Und es ist meinem Vater gewidmet", sagt sie. Denn über die vielen Besuche in Alu-Hütten und -Handel habe sie erst wirklich begreifen können, wie schwer die Arbeit für ihn gewesen sein muss.

(hbm)
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