Frank Wolters Digitalisierung - eine Chance für Neuss

Neuss · Die Digitalisierung und der technologische Fortschritt werden das Leben in den Städten verändern. Die Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle. Wirtschaftsförderer Frank Wolters erklärt, wo ein Umdenken her muss und welche Herausforderungen es gibt.

 Frank Wolters ist Amtsleiter der Wirtschaftsförderung.

Frank Wolters ist Amtsleiter der Wirtschaftsförderung.

Foto: woi

Mit Blick auf Digitalisierung und technologischen Fortschritt verändert sich das Anforderungsprofil moderner Wirtschaftsförderung. Beim Wirtschaftstreff zeigte Referent Alanus von Radecki vom Fraunhofer-Institut kürzlich, welche Möglichkeiten sich einer Stadt auf dem Weg zur Smart City bieten. Was kann Neuss davon lernen?

Frank Wolters Zunächst einmal kann Neuss eine ganze Menge Denkanstöße mitnehmen. Was das Fraunhofer-Institut in seinem Projekt "Morgenstadt: City Insights" erforscht, ist hochspannend - angefangen bei der Gestaltung von nachhaltigen Wohnquartieren bis hin zur digitalen Wirtschaft. Wir müssen das Thema positionieren, auch im Dialog mit Unternehmen. Das Interesse daran ist groß. Deshalb planen wir für das kommende Jahr auch ein Zukunftssymposium. Das Programm dazu wird in den kommenden Monaten erstellt.

Was sind die größten Herausforderungen?

Wolters Zum einen geht es natürlich um wirtschaftliche Modelle und um Innovationsgeist. In manchen Bereichen muss auch ein Umdenken her, da ist die Wirtschaft gefragt. Zum Beispiel müssen Gebäude und Standorte multiflexibel gestaltet werden. Investoren müssen weg vom Denken in 15-Jahres-Zyklen, das kann für alle Seiten eine Win-Win-Situation werden. Zum anderen brauchen wir aber auch mehr Flexibilität, wenn es um Nutzungsänderungen von Gebäuden geht. Und grundlegend ist natürlich eine adäquate technische Infrastruktur.

In Neuss schreitet der Ausbau von Glasfaser und VDSL-Vectoring voran. Wie ist die Stadt aufgestellt?

Wolters Sehr gut. Auch wenn man es uns oft nicht glaubt: In allen Gewerbegebieten, die wir in Neuss haben, liegt Glasfasertechnologie. Auch die Wohngebiete sind mit Breitband gut versorgt, es gibt bei uns nahezu keine unterversorgten Gebiete mehr - wenn man die Definition der Bundesregierung zugrunde legt. Unterversorgung bedeutet da: weniger als 30 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) beim Download. Wir haben ab spätestens Anfang 2017 flächendeckend nahezu 50 Mbit/s und mehr.

Gilt das für alle Orte?

Wolters Es gibt einzelne Siedlungslagen mit geringerer Bandbreite. Da versuchen wir, mit dem vom Kreis koordinierten Förderantrag für Bundesmittel Abhilfe zu schaffen.

Müssen wir auf Sicht denn nicht über flächendeckendes Glasfasernetz mit mindestens 100 Mbit/s und mehr sprechen statt über Quoten von 30 Mbit/s oder 50 Mbit/s?

Wolters Bei Gewerbegebieten ist das der Fall, da ist Glasfaser wichtig und wir sind bereits entsprechend aufgestellt. Die Anforderung betrifft ja nicht nur Global Player, sondern auch kleinere mittelständische Unternehmen: Nehmen wir eine Schreinerei, die das Aufmaß von Möbeln samt Planung direkt über digitale Prozesse mit der Produktion verknüpft.

Und bei privater Nutzung?

Wolters Neuss ist da gut positioniert. Aber natürlich wird der Datentransfer zunehmen. Es wird zum Beispiel immer mehr Arbeit im Home Office geben, viele Bürger werden in Zukunft einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus verrichten. Oder nehmen wir das Gesundheitssystem: Wer in Zukunft beispielsweise Kardiodaten in Absprache mit seinem Arzt selbst daheim abnimmt und sie dann von einem dezentralen in ein zentrales System speist, braucht ein leistungsstarkes Netz. Die Digitalisierung betrifft im Grunde alle Lebensbereiche.

Was muss die Politik tun, damit Neuss zukunftsfähig bleibt?

Wolters Entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Die Zukunftskommission Digitale Agenda ist ja bereits tätig und an dem Thema dran. Aber es ist ja nicht nur eine Frage der Politik, sondern oft eben auch eine der Wirtschaft. Viele Infrastrukturfragen müssen unter veränderten Gesichtspunkten gedacht werden - zum Beispiel, wenn wir über Smart Grids, also intelligente Stromnetze, sprechen. Mit den Stadtwerken haben wir zum Glück einen Partner, der bei solchen Prozessen sehr zukunftsorientiert ist.

Wie wird die Wirtschaftsförderung das Thema Digitalisierung und Smart City weiter begleiten?

Wolters Indem wir Chancen und Herausforderungen aufzeigen. Auch ein Mitwirken in der Morgenstadt-Initiative des Fraunhofer-Instituts wäre spannend.

ANDREAS BUCHBAUER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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