Neuss Hausarzt aus Neuss wird Digital-Pionier

Neuss · Wolfgang von Schreitter hat die Telematikinfrastruktur getestet und geht als erster in den Regelbetrieb. Noch kann das System (zu) wenig.

 Dr. Wolfgang von Schreitter ist IT-Pionier im Gesundheitswesen. Mit dem neuen Lesegerät kann er bisher nur ungültige Versichertenkarten identifizieren.

Dr. Wolfgang von Schreitter ist IT-Pionier im Gesundheitswesen. Mit dem neuen Lesegerät kann er bisher nur ungültige Versichertenkarten identifizieren.

Foto: woi

Ab 2018 verschwinden die Fax-Geräte aus den Arztpraxen. Daten sollen danach nur noch über eine "digitale Autobahn" unter den Partnern im Gesundheitswesen ausgetauscht werden. "Telematikinfrastruktur" (TI) heißt das Schlüsselwort für dieses System, das noch nicht viel kann, aber Potenzial hat. Nach Jahren der Entwicklung und Erprobung fällt jetzt der Startschuss für den Echtbetrieb. Und als erster Arzt geht ein Neusser ans Netz: Dr. Wolfgang von Schreitter, Hausarzt, Koordinator der kassenärztlichen Notfallpraxis und - wie er über sich sagt - ein neugieriger Mensch.

Seine Neugier und sein Interesse an technischen Neuerungen musste er mit viel Geduld verbinden, denn wirklich glatt lief die Einführung des Systems zumindest aus seiner Sicht nicht. Obwohl er schon seit 2014 in die Vorbereitungen eingebunden war, musste er sich vergangene Woche zwei Tage Bildungsurlaub von der eigenen Praxis an der Preußenstraße nehmen, um auf der Messe Medica in Düsseldorf Informationen zu diesem digitalen Gesundheitswesen einzusammeln. Auch wann es wirklich los geht, blieb lange offen. Seit Freitag ist das geklärt. Die Testphase endet in seinem Haus am nächsten Montag, Punkt 14 Uhr.

Zentrales Element der Telematik-Infrastruktur ist die Elektronische Gesundheitskarte, die jeder Versicherte von seiner Krankenkasse erhält. Auf einem eingebauten Chip sind derzeit nur die sogenannten Stammdaten des Besitzers gespeichert, die nun über TI verwaltet werden können. Sie werden beim Einlesen der Karte in der Praxis online abgeglichen und - sollte sich etwa die Adresse des Versicherten geändert haben - mit diesen Daten überschrieben. Das aber hat von Schreitter noch nicht erlebt. Wohl aber hat er schon im Testbetrieb etwa 130 Karten aus dem Verkehr gezogen, die ungültig waren.

Diese Funktion ist im Interesse der Kassen, weil TI vor Missbrauch der Karten schützen kann. "Für die Praxen hat dieser Abgleich noch keinen wirklichen Mehrwert", gibt denn auch Christopher Schneider zu, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, in der etwa 14.000 Praxen organisiert sind.

Diesen Mehrwert würden erst die ab 2019 zu erwartenden medizinischen Anwendungen bringen, sagt Schneider, der dazu die elektronische Patientenakte, den elektronischen Medikationsplan oder einen Notfalldatensatz zählt. Unterlagen, die etwa im Fall eines Unfalls zwischen Arzt und Krankenhaus hin- und hergeschickt werden müssten, und die dann in einer - mehrfach gegen Angriffe von außen geschützten - Daten-Cloud eingesehen werden können. Von Schreitter sieht noch eine Anwendung: ein Impfmanagement. "Wenn eine Speicherung von Impfdaten möglich ist, wäre das schon ein großer Fortschritt."

Als erste Praxis, die im Rahmen der Regelversorgung TI nutzt, wird von Schreitter "sektorübergreifend und sicher kommunzieren" können, sagte jetzt Edmund Haller, Staatssekretär im Landesgesundheitsministerium auf der Medica. Wenn das System glatt läuft. In der Erprobung, sagt von Schreitter, stürzte TI einmal im Monat ab.

(-nau)
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