Neuss Hexenverfolgung und dunkle Magie

Neuss · Historikerin Alexandra Kohlhöfer hat ein umfassendes Werk zur Hexenverfolgung im Neuss der früheren Neuzeit erstellt. Herausgeber des Buchs "Magie - Gerüchte - Machtkampf", das alle Neusser Schulen erhalten, ist das Stadtarchiv.

 Dieser Stich mit dem Titel "Einladung zur Teufelsbuhlschaft" aus dem Jahr 1508 spielt auf Hexenverfolgungen an.

Dieser Stich mit dem Titel "Einladung zur Teufelsbuhlschaft" aus dem Jahr 1508 spielt auf Hexenverfolgungen an.

Foto: Stadt Neuss/Archiv

Hexenverfolgungen avancierten im Europa der frühen Neuzeit zum Massenphänomen. "Nicht so in Neuss - von den großen Verfolgungswellen blieb die Stadt verschont", erklärt Alexandra Kohlhöfer. Die Historikerin, die in Neuss geboren und aufgewachsen ist, hat während und nach ihrem Studium in Münster sechs Jahre lang im Stadtarchiv zu Zauberei, Teufelspakten, Folter und Hinrichtungen im Neuss des 16. und 17. Jahrhunderts recherchiert.

Heute erscheint das Buch der 34-Jährigen zu diesem Thema in der Schriftreihe des Neusser Stadtarchivs. "Im Grunde haben sich in unserer Stadt nur zwei große Fälle zugetragen", sagt Archivleiter Jens Metzdorf. Diese beiden Fälle - der Inquisitionsprozess 1635 gegen die von ihren Nachbarn denunzierte Hester Meurer, geborene Jonas, die sich viel mit Kräutern, vor allem mit der Alraune, beschäftigt hat, und der Hexenprozess von 1677/78 gegen die noch sehr junge und an Epilepsie erkrankte Catharina Halffmans - waren, wie Alexandra Kohlhöfer bei ihren Recherchen festgestellt hat, "sehr gut dokumentiert".

Schon als Schülerin des Marienberg-Gymnasiums hat sie sich mit der Geschichte ihrer Heimatstadt und speziell mit der Verfolgung, Folter und Hinrichtung von als Hexen verschrienen Frauen und Männern beschäftigt. Ersten Spuren ging die Neusserin 2005 während ihres Praktikums im Stadtarchiv nach. "Nach der Magisterarbeit zum Fall von Catharina Halffmans, die 2011 im Neusser Jahrbuch erschienen ist, habe ich beschlossen, auch zu dem anderen bekannten Neusser Hexen-Prozess zu recherchieren", erzählt sie. Während ihrer Promotion über magische Heiler und Hexenerkenner in der spanischen Geschichte und eines Volontariats bei der Historischen Kommission für Westfalen in Münster hat Alexandra Kohlhöfer also mit der Unterstützung von Metzdorf Ratsprotokolle und Prozessverhöre aus dem 17. Jahrhundert durchforstet und transkribiert. Sie hat in allen dokumentierten Stadtrechnungen nach Hinweisen zu Folter und Gefangennahme im Zuge der Hexenprozesse gesucht und Stück für Stück eine umfangreiche Studie über Hexenverfolgung rund um die beiden bekannten Fälle angefertigt. Viele Geständnisse, so ihre Erkenntnis, konnten die Richter den beiden Neusser Frauen nur unter Folter oder deren Androhung entlocken. "Die Hexenverfolgung ist nicht nur ein fremdes und aufregendes, sondern auch ein sehr emotionales Thema, das betroffen macht", sagt Kohlhöfer.

"Das Buch ist ein besonderes Geschenk an die Stadt Neuss", lobt Kulturdezernentin Christine Zangs. Die grundlegende Aufarbeitung der Hexenverfolgung in Neuss sei für die Stadtgeschichte bedeutsam. Daher habe der Kulturausschuss im Oktober die Publikation der Studie beschlossen, erklärt der Ausschussvorsitzende Michael Ziege. "Denunziation, Rufmord und Ausgrenzung sind auch heute noch brandaktuell. Daher ist es wichtig, dass sich Schüler damit auseinandersetzen", sagt Zangs. Alle weiterführenden Neusser Schulen erhalten ein Exemplar des Erstlingswerks der Historikerin, das ein umfangreiches Quellenverzeichnis sowie zahlreiche Protokolle, bildliche Darstellungen und Erläuterungen rund um die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse zur Zeit der Hexenverfolgung enthält.

(NGZ)
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