Elfjähriger in Neuss Messe für junges Gewaltopfer

Neuss · Am Ende fassten sich alle an den Händen: Mit einem bewegenden Moment der Verbundenheit endete Sonntagmorgen ein Gedenkgottesdienst für den elfjährigen Jungen, der vor zehn Tagen schwerst misshandelt in einer Wohnung in Weckhoven aufgefunden worden war.

Am Ladenzentrum Otto-Wels-Straße haben die Menschen aus Weckhoven einen Ort der Trauer entstehen lassen. Dort endete gestern die Gedenkfeier.

Am Ladenzentrum Otto-Wels-Straße haben die Menschen aus Weckhoven einen Ort der Trauer entstehen lassen. Dort endete gestern die Gedenkfeier.

Foto: Woi

Eine Neusserin hatte auf Facebook den Anstoß zu der Aktion gegeben, die am Ende den halben Ort mobilisierte. Die Kirchen griffen die Idee auf, und so kam es zu einem Gottesdienst in einer fast überfüllten St.-Paulus-Kirche, dem sich ein Lichterzug und eine kurze Gedenkfeier im Ladenzentrum anschlossen.

Dort, in Nähe zum Tatort, hatten die Menschen aus Weckhoven schon in den Tagen zuvor einen Ort der Trauer entstehen lassen, hatten Kerzen aufgestellt und Gebete platziert, hatten Kinder Spielzeug abgelegt.

Die Schützengilde fühlt sich von dem Fall besonders betroffen, weil der 41-Jährige Sven F. bei ihr aktiv ist. F. ist der Onkel des Jungen und hat die Misshandlungen gestanden. Er sitzt in Untersuchungshaft. Der 41-Jährige ist Mitglied der Gilde, die über seinen Ausschluss noch mit dem Hauptverein berät. Diakon Michael Linden hofft, dass "dass von seinen bisherigen Freunden der eine oder andere bei der Stange bleibt." Denn auch F. dürfe nicht vollkommen alleingelassen werden.

Der gebürtige Kaarster soll seinen elfjährigen Neffen so schwer misshandelt haben, dass der Junge noch immer im Düsseldorfer Universitätsklinikum um sein Leben kämpft. Die Frau des Festgenommenen hatte am Freitagmittag, vor über einer Woche, schließlich den Notarzt alarmiert.

In der St.-Paulus-Kirche hatte es Diakon Linden am Sonntag übernommen, die Predigt zu halten. Kaplan Renovat Nyandwi zelebrierte im Beisein des evangelischen Pfarrers Dirk Thamm die Messe. Ausgehend vom Sonntagsevangelium des Tages warnte Linden davor, jetzt mit dem Finger nur auf andere zu zeigen. "Es liegt nicht an uns, zu verurteilen", sagte der Diakon, der dazu aufrief, ein Klima des Miteinanders zu pflegen.

Das dürfe die Familie des mutmaßlichen Täters nicht ausgrenzen. "Ich spüre", sagte Linden unserer Redaktion, "dass dessen Angehörige in Sippenhaft genommen werden". Das wolle er den Weckhovenern "nicht durchgehen lassen".

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung dieses Textes hatten wir berichtet, die Gilde habe den 41-jährigen Onkel bereits ausgeschlossen. Das ist falsch. Der Mann ist weiterhin Mitglied, über seinen Ausschluss wird noch beraten.

(-nau)
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