Sommerinterview Martin Maier-Bode "Neuss ist heute viel offener und lockerer"

Neuss · Kabarettist Martin Maier-Bode ist in Neuss aufgewachsen. Die Alte Post und das Theater am Schlachthof sind seine Bezugspunkte.

 Martin Maier-Bode gehört heute zum Ensemble des "Kom(m)ödchen" Düsseldorf, arbeitet aber auch noch viel in Neuss.

Martin Maier-Bode gehört heute zum Ensemble des "Kom(m)ödchen" Düsseldorf, arbeitet aber auch noch viel in Neuss.

Foto: Andreas Woitschützke

Herr Maier-Bode, wir sitzen im Garten hinter der Alten Post. Das Kulturforum hat für Ihre Laufbahn eine Schlüsselfunktion, oder?

Martin Maier-Bode Ja, auf jeden Fall. Ich habe dort Kabarettkurse gegeben und dabei selbst wahnsinnig viel gelernt. Ich sollte den Schülern erzählen, wie Kabarett funktioniert, und das hat mir auch geholfen, mein eigenes Tun zu strukturieren. Die fünf Jahre, die ich das gemacht habe, waren für mich sehr lehrreich. In der Zeit bin ich auch in den professionellen Bereich hineingerutscht.

Sie sind Neusser und haben am Quirinus-Gymnasium Ihr Abitur gemacht ...

Maier-Bode (lacht) ... in der Kaderschmiede!

Welche Orte haben Ihnen damals etwas bedeutet?

Maier-Bode Den ersten Impuls fürs Leben gab's im Stadtgarten. Der Sommer im Stadtgarten - das war einfach toll. Irgendeiner hat immer eine Gitarre dabei gehabt. Meinen ersten künstlerischen Impuls aber habe ich um 1983 im Haus der Jugend bekommen. Weil wir dort als Schüler einen Dada-Text von Kurt Schwitters aufführen durften. Eine Theatergruppe in der Schule gab es ja nicht. Zum Glück waren nur Freunde da, aber wir fanden uns wahnsinnig gut und haben dann beschlossen, als Gruppe weiterzumachen: Exekution 27b entstand daraus.

Die Alte Post gab es noch nicht.

Maier-Bode Nein. Die wurde 1990 eingerichtet. Und ich kam dahin, weil RLT-Intendant Elschner damals den darstellenden Bereich aufbauen sollte und dabei auch ans Kabarett dachte. Er wusste von mir, dass ich das mache, und hat mich dann gefragt.

Jemand kennt jemanden ...

Maier-Bode Ja, genau. So was passiert immer wieder. Kürzlich traf ich den Major der Jäger, Hans-Jürgen Hall. Dem habe ich erzählt, dass die Gründung von Eigenart, dem Trägerverein des Theaters am Schlachthof, übers Schützenfest zustande kam. Mein Freund Martin Schorn und ich waren zufällig in der Stadt, tranken ein Bierchen am Marienbildchen, als Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff vorbeikam und stehenblieb, weil er den Vater von Martin Schorn gut kannte. Wir sprachen über das, was wir machen und wollen - und in der Folge kamen wir zu einem Ausstellungsraum. Grosse-Brockhoff hatte sein Angebot, uns zu helfen, nicht vergessen und uns eine alte Halle im Barbaraviertel angeboten, uns später auch an das RLT vermittelt und so noch später den Weg für den Verein und das Theater am Schlachthof vorbereitet.

So ist Neuss, oder?

Maier-Bode Typisch für Neuss ist - manchmal bis hin zum mafiösen - das familiäre Miteinandersein. Das ist sehr ausgeprägt, viel ausgeprägter als in anderen Städten. Dass man sich auch anderswo kennt und hilft, ist nicht ungewöhnlich, aber in Neuss ist die Verbindung zwischen den Menschen netzwerkmäßig fast vorbildlich, weil sie sehr direkt ist und dann vor allem auch hält. Man bleibt in Kontakt, das finde ich sehr schön.

Hat Sie das auch in Ihrem Verhalten beeinflusst?

Maier-Bode Tatsächlich ist mit beim Nachdenken darüber klar geworden, dass ich dieses Familiäre übernommen habe. Ich habe zu allen Institutionen und Menschen, mit denen ich beruflich zu tun hatte, immer noch einen guten Draht. Es gibt keine Brüche, eben weil man sich auch auf persönliche Weise kennengelernt hat.

Sie wohnen in Düsseldorf. Hat sich Ihr Blick auf Neuss verändert?

Maier-Bode Ich weiß nicht, wie ich es sehen würde, wenn ich heute Jugendlicher in der Stadt wäre. Vielleicht kritischer. Aber im Vergleich zu meiner Jugendzeit zeigt sich die Stadt heute viel offener und beweglicher. Damals gab es diesen monolithischen CDU-Block, der die Stadt total beherrschte, diese extrem enge Bindung an die katholische Kirche. Das ist alles sehr viel lockerer geworden. Und fürs Stadtbild machen die vielen Straßencafés sehr viel her. Die tun der Stadt richtig gut. Das schönste Café ist für mich aber immer noch die Alte Post. Es liegt mitten in der Innenstadt und doch im Grünen.

Sehen Sie die Stadt heute mehr als Außenstehender, auch wenn Sie immer noch sehr viel in Neuss arbeiten?

Maier-Bode Eher aus der Außen- und aus der Innensicht, denn ein großer Teil meiner Familie lebt in Neuss, und ich bin oft in der Stadt. Ich mag das Rheinische an Neuss, denn das ist mir grundsätzlich sehr lieb, weil nicht immer alles so hundertprozentig ist. Was ich nicht so schön fand, war, dass die Stadt lange Zeit eine Art Wagenburg-Mentalität pflegte. Dieses Abschotten zu den großen Städten ringsum mag zwar aufgrund der Lage nachvollziehbar gewesen sein, aber ich bin froh, dass das mehr und mehr aufbricht und die Frotzeleien mit den Nachbarn heute zur Folklore gehören.

Info Martin Maier-Bode tritt mit Jens Neutag und dem programm "Fertig!" beim Theatersommer Knechtseden am 1. August auf. Beginn ist um 20 Uhr.

HELGA BITTNER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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