Neuss "Neuss packt an": Hilfe für Obdachlose

Neuss · Aus einer Facebook-Gruppe wurde in wenigen Monaten ein tatkräftiger Verein, der wohnungslosen Menschen mit Sachspenden unter die Arme greift. Ab der nächsten Woche darf er seine Gaben an den Rathaus-Arkaden verteilen.

 Barbara Reichardt, Lothar Bertrams, Stephanie Johnen, Markus Schubert und Sabine Werner (v.l) gehören zum Kern von "Neuss packt an".

Barbara Reichardt, Lothar Bertrams, Stephanie Johnen, Markus Schubert und Sabine Werner (v.l) gehören zum Kern von "Neuss packt an".

Foto: A. Woitschützke

Sie helfen denen, die nichts haben: Mit Sach- und Kleiderspenden erleichtert die Initiative "Neuss packt an! Warm durch die Nacht" obdachlosen Menschen in der Stadt das Leben. Etwa 20 aktive Helfer hat die ehrenamtliche Organisation. Doch die Gruppe derer, die regelmäßig spenden, ist weit größer: "In unserer Facebook-Gruppe sind 247 Personen, die uns regelmäßig unterstützen", erzählt Markus Schubert.

Dabei sah es Anfang des Jahres zunächst gar nicht so aus, als ob die Initiative so erfolgreich sein würde. Nach dem Vorbild der gleichnamigen Initiative aus Essen hatte sich im Februar 2015 eine überschaubare Gruppe beim sozialen Netzwerk Facebook gefunden. "Etwa 14 Leute waren angemeldet. Doch es passierte nicht so richtig viel", erinnert sich Schubert. Der Koch hatte aber größeren Ehrgeiz: "Ich wollte etwas tun. Richtig helfen." Ihm ist es zu verdanken, dass sich binnen eines Monats 80 Personen über Facebook fanden, die Obdachlose in Neuss tatkräftig unterstützen. Ausschließlich mit Sachspenden, denn Geldspenden nehme die Organisation prinzipiell nicht an, so Schubert.

"Wir haben ganz viele Spender, die uns mit haltbaren Lebensmitteln, Kleidung oder Hygieneartikeln unterstützen", erzählt Sabine Werner. Sie und andere aktive Helfer wie Barbara Reichardt, Stephanie Johnen und Lothar Bertrams holen die gespendeten Sachen ab, lagern diese in ihren eigenen Garagen oder Kellern und transportieren sie zu ihrer allmonatlichen Verteilertour. Denn einmal im Monat stehen sie freitags ab 18 Uhr auf dem Park-and-Ride-Parkplatz im Hafen. Ab Ende November werden sie auch zweimal im Monat Tee, Suppe, Kleidung, Schlafsäcke, Decken, Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel an Obdachlose verteilen.

Mittlerweile hat sich unter diesen herumgesprochen, dass es die Initiative "Neuss packt an" gibt. "Anfangs sind wir mit einem Bollerwagen und Thermoskannen durch die Stadt gezogen", erinnert sich Sabine Werner. "Doch es war schwer, Obdachlose zu finden." Daher änderte die Initiative ihr Vorgehen, plante einen Auto-Verteilerstand auf dem Wendersplatz und veröffentlichte Aushänge in der "Hin und Herberge", einer städtischen Übernachtungseinrichtung für Obdachlose am Derendorfweg.

"Seitdem kommen etwa 20 Menschen regelmäßig an unseren Stand", erzählt Stephanie Johnen. Sogar Stammgäste gebe es bereits. Berührungsängste habe sie nie gehabt. "Viele haben ein ganz falsches Bild von Obdachlosen", sagt Schubert. Die zahlreichen Schicksale, von denen er mittlerweile erfahren habe, bestätigen seine Vermutung: "Obdachlosigkeit kann jeden treffen. Das kann ganz schnell gehen: kein Job, kein Geld, keine Wohnung." Viele hätten zudem große Scham, zum Sozialamt zu gehen, sagt Bertrams. "Es ist schon sehr berührend, die ungeheure Bescheidenheit und große Dankbarkeit der meisten obdachlosen Menschen zu erleben", erzählt Sabine Werner.

Mittlerweile hat die Initiative einige Unternehmen als Unterstützer gefunden. Das Neusser Huthaus versorgt die Obdachlosen mit Schals und Mützen, die Firma Werbetechnik Grein stattete die Helfer mit Sicherheitswesten aus, und Gillhaus Catering wird bei der geplanten Weihnachtsfeier für Obdachlose bei der Lagerung und Zubereitung der Speisen helfen.

Aber auch die Stadt unterstützt die Initiative: "Wir haben die schriftliche Erlaubnis vom neuen Bürgermeister erhalten", freut sich Bertrams. "Ab 27. November dürfen wir mit unserer Verteilstation im Trockenen unter den Arkaden am Rathaus stehen."

(NGZ)
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