Neuss Shakespeare geht ins Varieté

Neuss · Der Musikjournalist und Moderator Daniel Finkernagel hat zum Auftakt des Shakespeare-Festivals ein buntes Programm entwickelt.

 Der musikalische Leiter Peter Wesenhauer probt mit dem Asasello Quartett erstmals im Globe.

Der musikalische Leiter Peter Wesenhauer probt mit dem Asasello Quartett erstmals im Globe.

Foto: Andreas Woitschützke

Er war noch Student an der Hanns-Eisler-Hochschule, Musikmanagement war sein Thema, als er sich das erste Mal an einem Varieté versucht hat. Einer richtigen Show, wie Daniel Finkernagel erzählt. Im Berliner Tränenpalast, der nach der Wende zu einer angesagten Location wurde, und dazu mit großem Erfolg: "Ausverkauft und mit vielen Nachfragen nach Terminen", erinnert er sich lachend. Schon damals hat er mit Karl-Heinz Helmschrot zusammengearbeitet, er machte die Conférence und Finkernagel die künstlerische Leitung. Die Kontakt ist geblieben, das Gefühl vermutlich auch, denn Finkernagel bereut es ein bisschen, dass sein weiterer Berufsweg zu Musik und Journalismus beim Rundfunk ihn "diese Piste aufgeben" ließ: "Weil ich die Varietéwelt unendlich liebe, aber selten gutgemachtes Varieté sehe. Was man kennt, ist sicher gut, aber oft auch langweilig, lieblos zusammengestellt und vorausschaubar."

Das will er nun ganz anders machen. Bei "Shakespeare goes Varieté", einer Produktion, die das Festival im Globe eröffnet und gleich mit vier Vorstellungen eingeplant ist.Varieté mit künstlerischem Anspruch vor theatralischem Hintergrund - das habe ich ihn gereizt, sagt er, und so hat er nicht lange überlegt, als man ihm diese Gelegenheit bot. Allerdings war das Projekt anfangs nicht unbedingt auf das Festival fixiert: "Die Idee entstand über die Location, das tolle Globe-Theater", erzählt er.

Die Anfrage an ihn, der übrigens in Neuss durch seine Moderationen bei den Konzerten der Deutschen Kammerakademie zu Neujahr und im Rosengarten gut bekannt ist, zielte darauf ab, das Globe auch außerhalb der Festival-Zeit zu bespielen. Denn Finkernagel hat sich längst als jemand etabliert, der Formate für Veranstaltungsorte entwickelt. Das Globe, das er von vielen Besuchen beim Festival kennt, sei ideal für ein Varieté, befand er schon damals. Dass es dann doch ins Festivalprogramm rutschte, habe sich ergeben, als feststand, wie viele Anknüpfungspunkte es zwischen Varieté, dem Globe und Shakespeare gebe, erzählt er. "Das Festival präsentiert ja auch einen ganz bunten Reigen."

Und wie sieht denn nun die Verbindung zum Elisabethaner aus? "Wir haben Shakespeare geplündert auf alle möglichen Elemente, die man ins Variété packen kann", sagt er lachend. "Da bietet er eine Menge: Zauberei, Musik, Illusion, Poesie. Wir nehmen aus verschiedenen Shakespeare-Stücken, vom ,Sommernachtstraum' bis ,King Lear', Elemente und bauen darum herum Varieté-Nummern." Nicht aneinandergereiht, sondern aufeinander bezogen, sagt er: "Wir wollen einen anderen, einen leichten, spielerischen und manchmal auch frechen Zugriff auf Shakespeare." Mal sei es Tanz, mal Zauberei, mal Poesie, die Shakespeares Stücke aufscheinen ließe, mal werde die Nähe zu ihm augenzwinkernd betont: "Wenn der Magier es plötzlich schneien lässt."

Finkernagel selbst hält sich dabei nur hinter der Bühne auf. "Das reicht", sagt er lachend. Er führt nicht mal Regie, die übernimmt Helmschrot, einer der "Friends", mit denen Finkernagel die Produktion stemmt. ",Finkernagel & Friends' - der Titel war nicht meine Idee", sagt er schmunzelnd, "aber inhaltlich ist er richtig." Denn es seien in der Tat vor allem Freunde, mit denen er für "Shakespeare goes Varieté" zusammenarbeitet. Peter Wisenauer, Sascha Simon, Helmschrot, das Asasello Quartett, das Signum Saxophone Quartet - er kennt sie alle sehr gut. Nur Corinna Kirchhoff nicht. Zumindest nicht als Freundin, nur als Künstlerin, "die ich sehr bewundere". Aber, so ergänzt er, "sie hat sofort gesagt: Klasse, mach ich."

Die Grundidee für die Mitwirkenden sei: "Jeder macht etwas, was er sonst nicht macht." Corinna Kirchhoff werde von einer achtköpfigen Band begleitet, das Asasello Quartett mache bei einer Zaubernummer mit, die Geigerin singe einen Cole-Porter-Song, der Zauberer müsse als Schauspieler mitmachen.

Ist es nicht schade, dass auch dieses Varieté wieder nur eine Auflage haben wird? Finkernagel reagiert vorsichtig. "Das ist der Testballon", sagt er. Die Idee sei, eine Reihe oder ein Format zu finden, dass es dann öfter geben soll. "Wir hoffen natürlich sehr, dass die Produktion beim Publikum ankommt." Im Übrigen ist er begeistert davon, dass die Festivalleitung auch ein Risiko eingeht und etwas Neues ausprobiert.

VON HELGA BITTNER

(NGZ)
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