Radevormwald Polizisten beleidigt - 70 Sozialstunden für 20-jährigen Rader

Radevormwald · Juristisch betrachtet ist eine Beleidigung eine Straftat. Strafrechtlich verfolgt wird sie allerdings nur, wenn der Beleidigte selbst Strafantrag stellt.

Das tun inzwischen immer häufiger auch Polizeibeamte, die sich im Einsatz zunehmend übelsten Beschimpfungen ausgesetzt sehen und sich das nicht mehr gefallen lassen wollen. Auch die Justiz reagiert: Sie stellt Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung und oft damit verbundenen Delikten wie Bedrohung oder Widerstand nicht mehr quasi automatisch ein; es kommt vielmehr seit einiger Zeit verstärkt zu Verurteilungen der Beschuldigten.

Nach außen hin deutlich machen Staatsanwälte und Richter damit: Verbale und tätliche Respektlosigkeiten gegenüber Beamten im Dienst sind keine Kavaliersdelikte, die Betroffene als berufsbedingt notgedrungen hinzunehmen haben und die der Rechtsstaat toleriert.

Um einen solchen Fall ging es nun auch vor dem Amtsgericht in Wipperfürth. Angeklagt war ein 20 Jahre alter Wuppertaler, der im Februar 2017 in Radevormwald Karneval gefeiert und sich bei dieser Gelegenheit schwer daneben benommen hatte. Als Polizeibeamte nach dem Karnevalsumzug auf der Kaiserstraße seine Personalien feststellen wollten, setzte er sich dagegen vehement zur Wehr.

Laut Anklageschrift beschimpfte er sie unter anderem als "Dreckspack des Jahrhunderts", er trat und schlug um sich, bis die Beamten ihn schließlich zu Boden brachten und ihm Handfesseln anlegen konnten. Im Streifenwagen wurde er danach in eine Ausnüchterungszelle gebracht. "Der war wirklich renitent und beleidigend bis zum bitteren Ende", sagte einer der als Zeugen geladenen Polizisten aus.

Er selbst könne sich an das Geschehene nicht mehr erinnern, beteuerte der 20-Jährige, der ohne Ausbildung und Arbeitsstelle ist. Seine Begründung: "Ich war an dem Tag komplett voll und nicht mehr Herr meiner Sinne. Da muss wohl eine Sicherung bei mir durchgebrannt sein, denn normalerweise bin ich gar kein streitlustiger Mensch." Tatsächlich hatte eine Blutprobe einen Wert von 2,66 Promille ergeben, also eine schon sehr hohe Alkoholkonzentration. Außerdem waren Spuren von Cannabis-Konsum nachgewiesen worden.

Vor diesem Hintergrund ging das Gericht davon aus, dass der bislang 20-Jährige im "Zustand beträchtlich verminderter Schuldfähigkeit" ausgerastet war. Außerdem legte der Richter aufgrund einer anzunehmenden "Reifeverzögerung" beim Angeklagten das Jugendstrafrecht zugrunde. Er sprach eine Verwarnung aus und erlegte dem jungen Mann 70 Stunden gemeinnütziger Arbeit auf. Darüber hinaus muss er nach Weisung des Jugendamtes eine Suchtberatungsstelle aufsuchen. Seine Reaktion darauf: "Alles gut, ich bin damit einverstanden."

Gemeinsam mit seiner Mutter, die ihn zum Prozess begleitet hatte und angesichts der Zeugenaussagen der Polizisten zum Verhalten ihres Sohnes sehr blass geworden war, verließ er den Gerichtssaal.

(bn)
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